Lese-Tipp von Susanne Jansen
Gerade in dieser turbulenten und unsicheren Zeit, aber auch darüber hinaus, möchte ich Ihnen wärmstens ein außergewöhnlich unterhaltsames und lehrreiches Buch ans Herz legen. „Anders sehen“ von Beau Lotto, erschienen im Goldmann Verlag, ist nicht nur ein Sachbuch, sondern vor allem ein experimentelles Abenteuerbuch. Es verändert die Wahrnehmung, schärft die Sinne und regt zum Nachdenken an – und das alles äußerst unterhaltsam.
Wir sind umgeben von Hektik, werden torpediert durch Nachrichten- sowie Reizüberflutung und wissen manchmal buchstäblich nicht mehr, wo uns der Kopf steht. Noch dazu ist unser Gehirn ein Meister darin, die Informationen der Sinne zu beschneiden und ihnen so eine neue Bedeutung zu geben. Das ist manchmal gar nicht so einfach, wo doch unsere Wahrnehmung und unser Verstand häufig zugleich von Sinnlosem wie auch von Bedeutungsvollem überspült wird. So drängt sich die logische Konsequenz auf, dass die von uns wahrgenommene Realität nicht immer das sein kann, wofür wir es halten.
Vergnüglich & experimentell
Eher zufällig entdeckte ich diese erheiternde Lesesafari mit zahlreichen Selbsttests. Dieses von mir gewählte Etikett für ein Sachbuch ist keineswegs ein Widerspruch in sich, sondern ein besonderes Gütesiegel. Denn „Anders sehen“ nimmt von der ersten Seite an vergnüglich auf eine experimentelle Reise, die Erstaunliches über die eigene Wahrnehmung offenbart. Dem Neurowissenschaftlicher Beau Lotto gelingt im wahrsten Sinne des Wortes spielend, leicht verständlich zu vermitteln, wie wir ein neues Sehen trainieren können. Dabei geht es nicht um die Augen als Vermittler für irgendein Wissen, sondern um das Gehirn und sein Verstehen.

Schlüsselthema des Buches ist der Umstand, dass Wahrnehmung kein isolierter Vorgang des Gehirns sei, sondern Teil eines kontinuierlichen Prozesses innerhalb einer Ökologie. Es geht um das evolutionäre Prinzip, dass ursächlich das Überleben zum Ziel hat, nicht die Anhäufung von Wissen. Die wechselseitige Relation zwischen den Dingen und die Art, wie sie miteinander wirken und sich beeinflussen, um entsprechend reagieren zu können, sind gemeint. Heute müssen wir aber nicht mehr ständig auf dem Sprung sein, um unser Leben außerhalb der Höhle verteidigen. Dafür können wir via Internet weltweit verreisen, ohne das Wissen, wie die digitale Datenautobahn funktioniert – wir müssen lediglich die Tastatur und die Maus bedienen können.
Querdenker
Der Autor zelebriert hier den Querdenker, der grundsätzlich in jedem von uns steckt. Denn ein Querdenker war mal einer, und ist es immer noch, der intelligent um die Ecke denkt und derart offen wahrnimmt oder kreative Lösungen schafft. Dieses Phänomen wird auch „Think out of the box“ genannt, bevor Menschen anfingen, das Wort Querdenken ideologisch zur Verengung des Meinungstunnels zu missbrauchen und so obendrein dem Schublade zu packen.
Sehen Sie, was ein anderes „Sehen“ bewirken kann – im guten wie im schlechten Sinne…? Entfernen Sie sich von äußeren Konventionen, öffnen Sie Ihre inneren Sinne, erinnern Sie sich, konzentrieren Sie sich auf Ihre eigene Intuition, beleuchten Sie neu und freuen Sie sich auf jede Menge Aha-Erlebnisse – auch und vor allem solchen, die Ihnen helfen, Manipulation und Suggestion zu entgehen.
Text und Foto: Medienagentur Niederrhein, Susanne Jansen