– Häusliche Lebensqualität im Alter bestmöglich erhalten –
Kreis Viersen (sp). Als psychosoziale Beraterin und Case-Managerin engagiert sich Ida Lamp mit Leidenschaft für ihre Arbeit und empfindet sie als besonderes Geschenk. „Die Menschen ermöglichen mir meine außergewöhnliche Arbeit erst, deshalb möchte ich jedem Einzelnen von ihnen natürlich auch voll und ganz gerecht werden. Ich kann selber entscheiden, wie viel Zeit ich mir nehme – das ist eine hohe Verantwortung“, sagt die 56-Jährige lächelnd. „Ich mache diese Arbeit jedoch auch für meine eigene Zukunft und für die aller anderen.“
So war die Waldnielerin bereits mit vollem Herzen beteiligt, als im Jahr 2015 der Verein ZAPUH Grenzland (Zentrum für ambulante Palliativversorgung und Hospizarbeit) aus der Taufe gehoben wurde. Von neun Mitwirkenden gegründet zählte der Verein, als ein nach dem Sozialgesetzbuch, Paragraf 39a, geförderter Hospizdienst rund ein Jahr später bereits 53 Mitglieder. Diese unterstützen als Ehrenamtler oder Förderer dessen Arbeit, aktuell es sind es 100. Für ihre Arbeit auf der Borner Straße 32 stellt der Pflegedienst Kriegers Lamp mietfrei Raum zur Verfügung. Die von ZAPUH angebotenen Dienste sind für die Klienten kostenfrei und werden unter anderem durch die Krankenkassen und durch Spenden getragen.
„Wir konkurrieren keinesfalls mit anderen psychosozialen Diensten – ganz im Gegenteil“, betont Lamp, „ich gucke dezidiert und entscheide, ob ich an eine andere Institution oder einen Dienst weiter verweise oder wie wir unterstützen können.“ Es gehe darum, dem Patienten seine Lebensqualität bestmöglich zu erhalten und die Angehörigen zu entlasten.
„Die Situationen werden immer komplexer“, weiß Lamp aus Erfahrung, „die Versorgung ist eine Art Dschungel mit unterschiedlichen Dichten. Hier muss genau sichtet, Hilfe geplant, Struktur geschaffen und mit anderen gemeinsam geguckt werden, was zu tun ist.“ Bei palliativ Erkrankten zum Beispiel gestaltet sich die Versorgungssituation sehr anspruchsvoll. Für diese Menschen, wie auch für jene im Bereich Hospiz, sei es wichtig, in ihrer häuslichen Umgebung optimal betreut zu werden. Deshalb seien neben einer guten Vernetzung mit kurzen Kommunikationswegen zwischen den involvierten Institutionen auch vielfältige Kompetenzen enorm wichtig, immer den bestmöglichen Erhalt der Lebensqualität im Blick.
„Wir haben es häufig mit unterschiedlichen Symptomlasten zu tun. Dabei geht es zum Beispiel um Schmerzen, Wunden, Hautirritationen. Auch die Psyche spielt eine wesentliche Rolle. Die palliative Versorgung ist eine, die lindert und da greift, wenn eine Krankheit nicht ursächlich zu behandeln ist.“ Gerade hier sei die Kommunikation im Kontext, eben auch die non-verbale, seitens des Patienten, von elementarer Bedeutung. „Wenn jemand nicht in der Lage ist, sich sprachlich zu äußern, wie zum Beispiel nach einem schweren Schlaganfall, muss man in der Lage sein, die Signale des Körpers zu verstehen. Und wenn etwas Kranken gut tut, dann geht es auch den Angehörigen besser.“
So gehe eben nicht nur um die Versorgung des Patienten, betont Lamp, sondern gleichermaßen um die Unterstützung der pflegenden Angehörigen. „Familienmitglieder sind oft derart eingebunden, dass sie selbst für banale Dinge wie das Einkaufen und den Friseurbesuch kaum Zeit haben. Diese Freiräume ermöglichen wir ihnen, manchmal reicht auch schon eine Sitzwache aus.“
Was Lamp, die seit 36 Jahren in diesem Bereich tätig ist, dringend sucht, seien sich solidarisierende Menschen, die sich mit Wissen und Feingefühl ehrenamtlich engagieren. Als koordinierende Case-Managerin überlegt die Waldnielerin genau, wen sie im speziellen Fall einsetzt und wie derjenige zusätzlich geschult wird. „Die Fähigkeiten des Ehrenamtlers müssen zum Fall passen, und die Chemie muss stimmen.“ Denn ein Großteil fuße hier auf Beziehungsarbeit. „Manchmal entwickeln sich sogar Freundschaften, aber man muss natürlich auch los lassen können.“ Für die pflegenden Familienmitglieder gibt es bereits kostenlose Informationsveranstaltungen. „Es ist wichtig, sich zum Beispiel Wissen über Themen wie Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Pflege generell anzueignen, ebenso, sich damit zu befassen, was beim Sterben geschieht.“
Die Demografie lasse erkennen, so prognostiziert die psychosoziale Beraterin, dass zukünftig ganze Viertel in den Gemeinden überaltert sein werden. Entsprechend müsse sich zum Einen das Netzwerk an Versorgungsmöglichkeiten mit kurzen und eindeutigen Kommunikationswegen weiter entwickeln. „Kommerzielle Versorger werden immer größer, kürzere Wege immer wichtiger.“ Hier werde Hospizarbeit quasi obligatorisch zur notwendigen Nachbarschaftshilfe. „Versorgung ist Teilkasko. Hier müssen unterschiedliche Säulen zur bestmöglichenBetreuung errichtet werden.“ Eine neue Profession im Bereich psychosozialer Betreuung dürfe hier nicht im Fokus stehen. Wenn alle Menschen nur noch in die Bereiche Pflege und Dienstleistung gehen, gebe es demnächst keine Produktion mehr, dann gerate die Grundversorgung ins Wanken.
„Ich lerne immer noch. Jeder Mensch ist anders und ebenso auch wertvoll als Ehrenamtler einsetzbar“, sagt Lamp lächelnd. Außerdem habe sie eine Vision: „Nicht nur Bürgerbusse sind wichtig, sondern auch Fahrdienste haben eine wichtige Bedeutung. Was nützt es einer 87-jährigen Breyellerin, wenn sie mit dem Bus ihren Mann im Waldnieler Altenheim besuchen will, aber nicht in der Lage ist, die Bushaltestelle zu erreichen? Hier gewinnen ehrenamtliche Fahrdienste noch viel mehr an Bedeutung.“ Angesichts dieser und einer Vielzahl weiterer Belange innerhalb der Betreuung wünsche sie sich mehr Initiative von den Gemeinden. „Der Kreis ist weit weg.“
Eine weitere Idee für die Zukunft sei die Schulung von pflegenden Angehörigen, „am besten für alle zugänglich und kostenfrei.“
Weitere Informationen: www.zapuh.de/der-verein