Die Raute im Herzen


-Große Leidenschaft, die emotional verbindet-

Schwalmtal/Kreis Viersen (sp). „Schon in meiner Jugend war ich begeisterter Borussia Fan. Im Jahr 1974 bin ich dann im Bekanntenkreis zu einem Spiel gegen Werder Bremen eingeladen worden. Da war das Feuer vollends entfacht!“, erklärt Gaby Goebbels lächelnd ihre Leidenschaft für die Elf vom Niederrhein. Das ist nicht zu übersehen – in ihrer Wohnung wimmelt es von dekorativen Liebeserklärungen an die Fohlen Elf: Unter anderem besitzt sie eine selbst gemachte Magnetwand, die ein Kunde ihr geschenkt hat. Außerdem prangt neben ihrer Eingangstür ein Briefkasten mit der Borussia Raute, den sie selbst mit viel Liebe kreiert, gesandstrahlt und lackiert hat.

„Ich finde, im Stadion herrscht eine tolle Atmosphäre, es ist sehr emotional, man lernt viele Menschen kennen. Einer für alle und alle für Einen, alle für die Mannschaft. Das ist einfach echte Leidenschaft!“, schwärmt sie mit Feuereifer. Schon damals, als sie noch mit dem Linienbus zum Bökelberg fuhr, da sei sie bereits mit vollem Herzen dabei gewesen, so erzählt sie und fügt überzeugt hinzu: „Das ist eine Liebe fürs Leben.“

Bis zum Jahr 2012 war ihre Leidenschaft ausschließlich privater Natur. Schließlich aber hatte die Leiterin LVR-Wohnen (Erkelenz) auch ihre Kundschaft „infiziert“? „Nein, nein“, sagt sie lachend, „die Idee kam von einem Kunden selbst, also von einem unserer Bewohner.“ Er habe nach einer Plattform gesucht, um sich über seine Liebe zu Borussia austauschen zu können. „Warum nicht?“, habe Gaby gemeint und:  „wir versuchen da mal gemeinsam etwas mit meinem Kollegen Michael Wenke zu etablieren. Er besitzt ebenfalls eine Dauerkarte und ist mit Leib und Seele Fan.“

Mittlerweile ist der Borussia Club für Menschen mit Behinderung eine feste Institution. „Wir begannen, uns zu einer ersten lockeren Runde im Bistro Carré in Waldniel zu treffen. „Fachsimpelten“ über unsere Leidenschaft, tauschten uns über dies uns das aus: Wer hat was gelesen? Was gibt es für Gerüchte? Damit war das gemeinsame Feuer entfacht.“ Natürlich habe man auch sehr schnell Nägel mit Köpfen machen wollen. „Es war schwer, einen Namen zu finden. Es gibt ja total viele Fan Clubs. Der Titel sollte verbindlich sein. Schließlich kam uns HPH Fohlen (HPH: „Heilpädagogische Hilfen“) in den Sinn.“ Im Jahr 2012 sei der Club dann mitsamt Satzung gegründet worden. „Seitdem treffen sich unsere Fußball Jecken jeden zweiten Dienstag zum Austausch im „Piano“ in Süchteln. „Dort gibt es eine Sportsbar, und viele Gladbach Fans laufen dort an den Spieltagen auf, um sich gemeinsam die Spiele über Sky anzuschauen, manchmal auch via Public Viewing“, beschreibt sie begeistert.

Mit der Zeit habe der Fanclub immer mehr Zuspruch gefunden und im Oktober 2014 habe er sich offiziell bei Borussia angemeldet. Sogar eigene Clubartikel wie Kappen und Schals gibt es mittlerweile. „Sich offiziell anzumelden, war schon ein ganz besonderes Gefühl, und alle unsere Mitglieder haben sich sehr gefreut“, schwärmt die Süchtelnerin. Für ihre Kunden sei diese gemeinsame Leidenschaft von nicht zu unterschätzendem Wert. „Es ist eine emotionale Gemeinsamkeit, die verbindet. Die Leute tauschen sich angeregt über alles aus, identifizieren sich mit ihren Fußballstars – das gibt ihnen auch im Alltag mehr Halt.“

Obendrein gebe es viele herzerwärmende Momente rund um die gemeinsame Leidenschaft. Etwas sehr Berührendes wie dies zum Beispiel: Gabys Kunde Peter habe sie im Stadion gebeten, Steffen Correll, dem Team Manager von Borussia Mönchengladbach, schöne Grüße zu bestellen, falls er ihr zufällig über den Weg laufe. Daraufhin habe sie lachend geantwortet: „Er kennt dich doch gar nicht!“ Jedenfalls habe sich die pfiffige Gaby nicht lange bitten lassen und Correll im Stadion spontan eine Mail geschrieben. „Ich verabredete mich kurzerhand für 14 Uhr mit ihm vor der Geschäftsstelle, schnappte mir Peter in seinem Rollstuhl und machte mich auf den Weg zu dem „Überraschungs-Date“.“ Dieses habe bewirkt, dass Peter bei der Begegnung vor Aufregung die Worte im Halse stecken geblieben seien, so erzählt sie schmunzelnd, „aber er hat sich unglaublich gefreut.“

Das ist aber noch nicht alles. Bei ihr zu Hause haben schon die ehemaligen Borussiaspieler Martin Stranzl und Roel Brouwers auf der Terrasse gesessen. Sie besuchten den aufgeregten HPH Club im Mai bei einer Grillparty und feierten mit. An Gabys Haustür hing ein großes Banner, das den Weg wies und auch die Nachbarn hatten ein Nachsehen: sie parkten allesamt ihre Autos in Nebenstraßen, damit die Behindertenbusse bis zum Haus vorfahren konnten. Im Garten bekamen alle erfreuten Clubmitglieder ein Foto von den beiden Borussen, und Martin Stranzl habe einen Fan gefragt, ob er eine persönliche Widmung wolle. „Da haben sich alle noch mal zusätzlich für eine persönliche Widmung hinten angestellt“, erinnert sich Gaby lachend an den komischen Moment.

Eines liege ihr aber noch sehr für die Zukunft am Herzen: „Wir brauchen noch tatkräftige, ehrenamtliche Unterstützung zur Betreuung der Kunden. In diesem Jahr sind wir mit 24 Mann zur Saisoneröffnung angereist und hatten acht Betreuer dabei. Wir waren auch schon mit vielen Club Mitgliedern bei Länderspielen im Nordpark. „Wir brauchen vor allem noch Helfer, die Rollstuhlfahrer unterstützen, da man bei der Betreuung und Aufsicht während eines Spiels alle Hände voll zu tun hat. Das ist bei allem Spaß nicht zu unterschätzen. “

Noch bis zum 31. Dezember gibt es zur Zeit eine Ausstellung im Casino HPH-Netz-West, Dornbuscherweg 10 in Süchteln. Hier geben die Mitglieder des Fanclubs Einblick in das Erlebte sowie ihre Aktivitäten.

Weitere Informationen:

www.barrierefrei-ins-stadion.de

Email: gaby.goebbels@lvr.de

Kartenbestellung für Menschen mit Behinderungen: handicap@borussia.de

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Die Raute im Herzen: Die HPH Fohlen. Dritte von rechts: Gaby Goebbels. Foto: privat

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