– Wie die moderne Frau zurück an den Herd findet –
Von Susanne Jansen
Kreis Viersen/KALDENKIRCHEN. Es geht voran: Im Gewerbegebiet VeNeTe wird das Leben zukünftig pulsieren. Genau genommen wird es regelrecht wimmeln, denn seit dem 1. Januar 2018 ist eine neue EU-Verordnung in Kraft getreten: Auch in Deutschland sind nun endlich Insekten als Lebensmittel zugelassen. Aber nicht nur das: Die essbaren Kleintiere dürfen nun hierzulande auch offiziell gezüchtet werden, denn genau das war bisher verboten.
Stimmen aus der deutschen Justiz brachten regelrecht ihre Erleichterung darüber zum Ausdruck, dass Insekten endlich ihren offiziellen Weg in die deutsche Esskultur gefunden haben: „In den vergangenen Jahren boomte hierzulande der Schwarzmarkt. Das war ein riesiges Problem! Es wurden mittlerweile mehr illegale Insekten- als Hanfplantagen ausgehoben.“
Noch im Sommer dieses Jahres beginnt das Unternehmen INSECTUM PER GUSTO mit der Errichtung eines riesigen Gebäudekomplexes im Gewerbegebiet VeNeTe. „Wer früher exotische Gerichte wie Burger mit Mehlwürmern als Füllung oder gegrillte Heuschrecken verkaufen wollte, bewegte sich in einer rechtlichen Grauzone und musste die Insekten aus dem Ausland importieren“, weiß Geschäftsführer Leopold Verme. Doch das ist nun zum Glück Geschichte. Denn INSECTUM PER GUSTO verarbeitet junge Mehlwurmlarven zu Nudeln. „Ein Fest für die Sinne“, schwärmt Verme, „wir etablieren damit eine neue Genusskultur, und unsere vielfältigen Nudelgerichte sind in der Herstellung viel günstiger als herkömmliche. Dass macht sie auch für den Endverbraucher deutlich erschwinglicher. Bald wird noch weiteres Insekten-Food folgen; ich sehe da einen riesigen Markt. „

Leistungssportlerin Miriam Ohlert sieht ebenfalls große Vorteile in der neuen Ernährungsalternative, da diese der eigenen Gesundheit und Fitness besonders zuträglich sei: „Insektennahrung als Proteinquelle ist deutlich hochwertiger als Fleisch, deshalb habe ich sie selbst bisher in den USA bestellt. Allerdings war die Beschaffung für mich immer sehr teuer; deshalb bin ich froh, dass wir nun INSECTUM PER GUSTO quasi auch noch direkt vor unserer Haustür haben.“
Es gehe aber nicht nur um das Nahrungsmittel an sich, sondern es werde auch noch eine Vielzahl von Fliegen mit einer Klappe geschlagen, findet Verme. „Wir bieten außerdem Lagerverkauf an, beliefern auf Wunsch Kitas, Schulen und Krankenhäuser. Daneben werden wir zu Kochkursen in unserem Hause einladen. Damit schaffen wir Hunderte neuer Arbeitsplätze. Das ist ein wahrer Mehrwert für Nettetal!“ Vor allem für die moderne Hausfrau seien die hauseigenen Kochkurse interessant: „Der Markt ist übersättigt von Convenience Food. Die moderne Frau sucht neue Herausforderungen und experimentiert gerne. Wir helfen ihr, wieder den Weg zurück hinter den Herd zu finden.“
Verme freut sich auf all die neuen Möglichkeiten, die dieses frische Marktsegment bietet. „Bald wird noch weiteres Insekten-Food folgen. In unseren Laboren wird bereits weiter getestet.“ Mit seiner Meinung steht der Unternehmer nicht alleine da. Denn nach einer Statistik des Bundeszentrums für Ernährung sei der Verzehr von Insekten für zwei Milliarden Menschen weltweit normal und dominiere sogar als Grundnahrungsmittel. Nicht zu unterschätzen ist bei dem Verzehr von Insekten als Proteinquelle, im Vergleich zur Fleischproduktion, dass bei der Aufzucht der Kleintiere deutlich weniger Futtermittel, Wasser und Agrarfläche in Anspruch genommen werden.
Auch Dr. Ansgar Reichmann von der Biologischen Station Krickenbeck findet das Vorhaben durchaus begrüßenswert: „Insekten als Proteinquelle können eine echte Ernährungsalternative für die gesamte Menschheit darstellen. Aus Sicht des Biotop- und Artenschutzes muss aber unbedingt gewährleistet sein, dass keine Tiere in die freie Wildbahn entweichen können und dort eine verdrängende Konkurrenz für die freiliegende Insektenfauna darstellen. Denn die Larven des Mehlwurms verzehren in freier Wildbahn bevorzugt das organische Material absterbender Bäume und stehen hier in direkter Konkurrenz zu all unseren heimischen Holz verzehrenden Insekten, wie zum Beispiel dem Eremitenkäfer.“
Medienagentur Niederrhein, Susanne Jansen