Eine schaurige Zeitreise


Scheiterhaufen und Folterkammer als Auswuchs der Neuzeit

Grefrath (sp). Wer sich nicht nur angenehm gruseln, sondern auch historisch korrekt über ein düsteres Kapitel Geschichte informieren möchte, der kommt zur Zeit in der Dorenburg auf seine faszinierenden Kosten: Die Sonderausstellung „Da selbsten ein Anfang zu brennen gemacht – Aberglaube und Hexenwahn am Niederrhein“, ursprünglich im Grafschafter Museum Moers angesiedelt, lädt die Besucher auf eine schaurig-spannende Reise ins Obergeschoss des Museums ein.

Unheimlich wirkende Schattenbilder präsentieren Einzelschicksale im Zuge der Hexenverfolgung. Ebenso wird die komplette Historie anschaulich im Gesamtkontext vorgestellt. In Glasschaukästen befinden sich geschichtliche Zeitzeugnisse, wie zum Beispiel die durch den Dominikaner und päpstlichen Inquisitor Heinrich Kramer im Jahre 1487 veröffentlichte Schrift „Malleus Maeficarum“ (Der Hexenhammer), ein Werk zur Legitimation der Hexenverfolgung.

Das Kurfürstentum Köln, und damit ein Teil des heutigen Kreises Viersen, war Zentrum der Hexenverfolgung im Alten Reich. So ist es unter anderem dokumentiert, dass in Süchteln nachts die Schlaghexe ihr Unwesen getrieben habe – sie habe Menschen zur Geisterstunde eine Ohrfeige verpasst, um sodann spurlos zu verschwinden. Allein im 17. Jahrhundert seien in der niederrheinischen Region rund 1000 Menschen dem Hexenwahn zum Opfer gefallen.

Inmitten der visuellen, szenischen und mit Dokumenten bestückten Historienreise wird dem Besucher vor allem klar, wie simpel es damals war, jemanden, aus einer persönlichen Motivation heraus, der Hexerei zu bezichtigen. Doch auch Opponenten der Hexenverfolgung, wie der am Niederrhein lebende Jesuit Friedrich Spee, kommen zu Wort. Bei ihrem Rundgang durch die düstere Epoche können die Gäste auf vielen Info-Tafeln die Form abergläubischer Praktiken nachlesen oder sie in hörbarer Form mit Audio Infosystemen per Kopfhörer abrufen. So erfahren sie zum Beispiel auch, dass der Volksglaube in jener Zeit ebenso bestimmte Tiere mit bösen Geistern in Verbindung brachte, die für gewisse Krankheiten verantwortlich sein sollten. Begebenheiten mit Werwölfen werden geschildert und Folterpraktiken erläutert. Auch die Anwendung der absurden Hexenfrage wird genau beschrieben.

Außerordentlich spannend ist es, während der Zeitreise lebhaft zu entdecken, dass das Phänomen der Hexenverfolgung in der Tat ein Auswuchs der Neuzeit war und es mehrere regelrechte Verfolgungswellen gab. Die Scheiterhaufen explodierten buchstäblich, während sich zugleich die modernen Wissenschaften sowie die Gedanken der Aufklärung entwickelten und verbreiteten. In diesem Kontext wirkt die nachgestellte Folterkammer um so grotesker und barbarischer. Ein besonderes Schaudern zieht ihre Betrachtung außerdem unwillkürlich nach sich, da einige der Folterinstrumente noch im Original vorhanden sind.

Noch bis zum 5. Juni lädt die historische Ausstellung mit dem besonderen Schauderflair zur spannenden und informativen Besichtigungsreise ein.

Weitere Informationen: www.niederrheinisches-freilichtmuseum.de

 Alle Fotos: Susanne Peters

Hexenwahn (3)
Düstere Atmosphäre in der Dorenburg.
Hexenwahn (7)
Zeitzeugnisse einer längst vergangenen Epoche.
Hexenwahn (5)
Historische Schriften geben Auskunft.
Hexenwahn (4)
Szenerie eines Hexenprozesses in Miniatur.
Hexenwahn (1)
Hexenwahn – ein Auswuchs der beginnenden Neuzeit.
Hexenwahn (8)
Der Scheiterhaufen – wie im ursprünglichen Original nachgestellt.
Hexenwahn (2)
Wahn trifft auf Moderne.
Hexenwahn (6)
Besonders schauderhaft: Der Nachbau einer Folterkammer, zum Teil mit Utensilien im Original.