– Menschen an die Hand nehmen, Nettetaler Themen umsetzen –
Von Susanne Jansen
Nettetal/Leutherheide. Seit zwei Wochen dominiert ein großes Thema Nettetal: die anstehende Stichwahl zum Bürgermeister. Morgen entscheidet sich, ob Amtsinhaber Christian Wagner bleibt oder Christian Küsters seine Nachfolge antritt. Als Bürgermeisterkandidat gastierte Küsters weiterhin täglich mit seinem Pop up-Büro in allen Nettetaler Ortsteilen, um mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen und auf ihre Anliegen einzugehen. Die Idee, Bürgermeister werden zu wollen, sei nach der letzten Kommunalwahl entstanden.
Die Ärmel aufkrempeln
„Ein Thema, das mich persönlich betrifft, ist der Öffentliche Nahverkehr. Ich bin immer mit der Bahn nach Essen zur Arbeit gefahren, schon in Viersen hat das Umsteigen nie funktioniert. Ich habe bei allen Parteien nachgefragt: Was könnt ihr hier für mich tun?“, berichtet Küsters. Die Grünen seien die einzigen mit einem vernünftigen Angebot gewesen. „So kam ich in Nettetal zur Kommunalpolitik.“ Im Jahr 2019 habe sich bei Gesprächen der Grünen, der SPD und der FDP die Überlegung entwickelt, einen gemeinsamen Kandidaten zu stellen. „Man sagte mir: Du bist ein Kandidat, den wir uns alle vorstellen können. Natürlich habe ich darüber erst mal nachgedacht, da ich ja auch Familie und Beruf habe.“ Ihm sei jedoch sehr schnell klar gewesen, wo er als Erster Bürger der Stadt die Ärmel aufkrempeln wolle, müsse und könne.
Der Weg
„Es gibt viele kleine Dinge, die man schnell ändern kann, neben den Aufgaben, die eben mittel- oder langfristig erfüllt werden können. Ich habe in den vergangenen fünf, sechs Jahren so viele Themen gesehen, die aus meiner Sicht immer wieder nach hinten gerutscht sind, wie zum Beispiel die Verbesserung der Mobilität innerhalb Nettetals. Es wurden so viele Fahrräder verkauft wie noch nie. Aber es gibt zum Beispiel Radwege, die mittendrin abbrechen. Auch die so genannten Bettel-Ampeln auf der Freiheitsstraße sind hier ein Thema.“ Hier reihen sich weitere Themen an, „die zunächst priorisiert wurden und dann bis auf Weiteres im Sande verliefen. Wir können im Rat ganz tolle Beschlüsse fassen. Wenn diese nicht umgesetzt werden; dann hat keiner etwas davon. Man muss die Bereitschaft mitbringen und sagen: Ich kremple selber die Ärmel auf, weil ich es auch machen will.“ Hier profitiere der Leutherheider von seinen weitreichenden Berufserfahrungen im Bankensektor, auch im Bereich Krisen-Management. „Natürlich gibt es in der Bank ebenfalls Krisen-Management, unter anderem auch im Zusammenhang mit Corona. Diese Dinge dringen jedoch nicht so in die Öffentlichkeit.“
Die Umsetzung
Vieles habe der sachkundige Bürger des Ausschuss für Öffentliche Sicherheit und Verkehr im Leben sowie im Job schon selbst umgesetzt und auch etliche Veränderungen begleitet. „Ich habe Menschen auf dem Weg an die Hand genommen. Und das ist ja genau das, was in der Verwaltung passieren soll.“ Das, was funktioniert, solle weiter gefördert werden, so insistiert er, auch die Förderung der eigenen Mitarbeiter sei Küsters essenziell wichtig. „Es geht nicht nur darum, Prioritäten zu setzen, sondern eben das anzupacken, was sich ändern soll, und zwar durch handlungsorientierte Abläufe und konkrete Unterstützung.“ Hier führt der Vater von zwei Töchtern das Beispiel Digitalisierung auf; „ein Thema, das ich auch intensiv in der Bank begleitet habe. Und genau hier sehe ich, dass in der Verwaltung der Stadt bislang zu wenig passiert.“ Eine von vielen Möglichkeiten, um die Nähe zum Bürger und seine Anliegen zeitnah zu bearbeiten, sieht er unter anderem in der Einführung von digitalen Apps. „Ich habe sooft im Wahlkampf gehört, dass irgendwo irgendetwas kaputt ist – Straßenbeleuchtung, beschädigter Straßenasphalt, Müllberge, die sich irgendwo auftürmen, es gibt so vieles. Die Leute sollen konkret wissen, an wen sie sich wenden können. Ich möchte aus der passiven Rolle heraus führen und zeigen, dass etwas passiert.“
Lösungen für alle
Der 43-Jährige will keine Insellösungen, sondern eine Zusammenarbeit mit dem Kommunalen Rechenzentrum. „Um das Beispiel noch mal aufzugreifen: Eine neue App sollte idealerweise für alle angeschlossenen Kommunen nutzbare Lösungen bieten, so dass Anforderungen flächendeckend erfüllt werden können. Auf diesem Wege können auch neue Arbeitsplätze oder Ausbildungsberufe geschaffen werden. Hier brauchen wir Business Analysten in der Verwaltung, die in die einzelnen Abteilungen hinein gehen und gucken, wo Abläufe mit geringem Aufwand, ohne Medienbruch, auf direktem Weg digitalisiert und beschleunigt werden können.“ Daneben sehe er auch die Digitalisierung in der Schule als eine sinnvolle Ergänzung zum praktischen Unterricht. „Digitales Vokabellernen funktioniert bei meiner Tochter prima. Aber Kinder lernen unterschiedlich. Für mich ist hier der Schwerpunkt, dass erst mal die grundlegenden Voraussetzungen in der Schule geschaffen werden.“ In den Schulen sei jedoch häufig keine ausreichende Bandbreite vorhanden, es fehle an starkem WLAN und an Geräten, die nicht einfach nur von Hand zu Hand durchgereicht werden.
Klimaschutz und bezahlbare Wohnlösungen
„Bezahlbare Wohnlösungen, Barriere-Freiheit, Klimaschutzsiedlungen und Cradle to Cradle – all das sind wunderbare Dinge. Aber was ich sehe, ist, dass wir in jedem Stadtteil eigene Wohngebiete ausgewiesen haben. Dort passiert jedoch nichts. Bis auf die Halle Dammer-Dicks in Nettetal West ist dort alles konventionell gebaut, als Leichtbauhallen. Deshalb handelt es sich um ein Leuchtturm-Projekt. Es gibt dort riesige Dachflächen; aber sonst ist da nichts, was sich für eine Photovoltaik Anlage eignet.“ Ähnlich sehe es mit dem Studentenwohnheim im Passivhausstandard aus. „Danach kam nichts mehr. Die Erfahrungen die man hier gewonnen hat, hätte man fortsetzen können. Eben unter der Prämisse: Was hätte man bei weiteren Umsetzungen besser machen können? Was bringt eine einzelne tolle Siedlung, wenn man befürchten muss, dass im übrigen Nettetal nichts weiter passiert?“
Aktive Änderungen
Um in Nettetal aktiv Änderungen herbei zu führen, gebe es noch viele weitere Beispiele: „Das Pierburggelände liegt seit Jahrzehnten überwiegend brach. Es gibt nur ein paar kleine Firmen als Mieter.“ Dort könne, durch Gespräche mit Rheinmetall, Quartiersentwicklung stattfinden. „Natürlich kann die Stadt das nur gemeinsam mit dem Eigentümer lösen. Aber ebenso gibt es in allen Stadtteilen Flächen oder ältere ungenutzte Gewerbegebäude, die dringend eine neue Entwicklung brauchen.“ Weitere Beispiele: „In der Breyeller Fußgängerzone sind vier Häuser unbewohnbar. Da passiert aber nichts. In Hinsbeck, rund um Edeka im Ortskern, ist laut Bebauungsplan nur Bungalow Bebauung möglich. Dort gibt es jemanden, der gerne ein Mehrfamilienhaus bauen würde, darf es aber nicht. Da muss man eben noch mal in die Bebauungspläne hineinschauen, ob dort entsprechende Änderungen möglich sind.“
City-Management
Leerstände dominieren auch in der Lobbericher Fußgängerzone seit Jahren als Thema. „Natürlich muss es für die Stadt finanziell überschaubar bleiben, aber eine Möglichkeit wäre, eben als Stadt bei Existenzgründung zu unterstützen. Das sorgt ebenso für eine Wiederbelebung der Fußgängerzone. Hier muss auch mit den Vermietern zusammen gearbeitet werden.“ Citymanagement sei eben nicht nur ein Schlagwort – das Thema müsse inhaltlich angepackt werden. „Dazu gehört auch der Tourismus. Um Touristen nicht nur für eine Übernachtung während einer Radtour, sondern für einen richtigen Urlaub, nach Nettetal zu locken, müssen wir unsere Stadt attraktiver präsentieren. Es gibt so vieles in unserem Umfeld, das für die ganze Familie interessant ist.“
„Er ist einer von uns“, meint auch Ralf Funken, der den Bürgermeisterkandidaten Christian Küsters in seinem Pop up-Büro in Kaldenkirchen besuchte und unter anderem über die generelle Wohnungssituation mit ihm sprach. „Er nimmt sich Zeit für die Bürgerinnen und Bürger und hört genau zu. Im Gespräch stellt er sich zunächst zurück, und man fühlt sich wirklich ernst genommen“, so Funkens Eindruck.
Nettetal – eine Herzensangelegenheit
„Wir sehen etliche Themen in Nettetal, die bewegt werden wollen und die nicht mehr länger liegen bleiben sollen und können. Gemeinsam mit den Bürgern möchte ich diese Dinge aktiv in Gang bringen und langfristig für Verbesserungen sorgen. Genau dafür bringe ich die passenden Expertisen mit. Es gibt viele Beispiele von externen Kandidaten, die sehr gute Bürgermeister geworden sind und die durch neue Impulse eine Stadt wieder ideenreich anders belebt haben. Die permanente Bürgernähe ist hier die wichtige Basis. Es sollen eben nicht Entscheidungen von oben getroffen werden, sondern alle Nettetaler sollen aktiv und gestalterisch mit einbezogen werden in das, was Verwaltung macht.“
Christian Küsters persönlich
„Ich bin auf einem breit aufgestellten landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen. Wir hatten auch Hühner, Kühe, Schweine und natürlich Hunde. So bin ich von Kindesbeinen an in das Thema Ökologie hinein gewachsen. Unsere Familie hat selbst auch komplett von dem, was auf unserem Hof produziert wurde, gelebt, da wir unsere eigene Hausschlachtung hatten.
Wenn man so aufwuchs, ist einfach eine andere Wertschätzung für Lebensmittel da. Bei uns wurde nichts weggeworfen, das war schon damals eine Form von Cradle to Cradle. Denn wir haben nicht möglichst billig produziert, sondern stattdessen alles verwertet – eben auch noch sämtliche Kartoffeln, die vom Roder gefallen sind.
Bei der Deutschen Bank habe ich meine Frau kennen gelernt, die dort ebenfalls eine Ausbildung gemacht hat. Als ich mit dem Studium fertig war, haben wir geheiratet. Da meine Schwiegereltern in Kaldenkirchen wohnten, suchten wir dort in der Nähe nach einem Eigenheim. Leutherheide gefiel uns auf Anhieb sehr gut. Ich fand aber generell die Umgebung Nettetals sehr schön. Seit 14 Jahren wohnen wir nun hier und fühlen uns sehr wohl.“
Text und Fotos: Medienagentur Niederrhein, Susanne Jansen