– Kultkneipe mit charmanter Atmosphäre und Baum vor der Bühne –
Kaldenkirchen (sp). Zum 25. Mal findet in diesem Jahr, im Rahmen des Frühlingsfests, das Spring Jam, das „einzige Festival mit Baum vor der Bühne“ statt. Annerose Pannwitz, Wirtin und Co-Organisatorin im Quartier Latin, lacht. „Den Titel haben uns zu Anfangszeiten die Mitglieder diverser Livebands beschert. Und es hat noch nicht eine Band gegeben, die dieses Phänomen nicht angesprochen hat. Wir müssen ja auch immer darauf achten, dass der Sänger links oder rechts steht, damit man ihn oder sie auch richtig sieht.“
Das erste Spring Jam im Jahr 1994 startete mit einer Live-Band, im Folgejahr waren es bereits zwei, und aktuell sind es zehn. „Sage und schreibe 230 hiesige Livebands sind es, die bis heute auf unserem Festival aufgetreten sind, und sich so auf unserer besonderen Plattform präsentiert haben. Das ist möglich, weil das komplette Team des Quartier Latin mit vollem Herzen dabei ist und auch viele treue Helfer hat, die beim Aufbau der Bühne helfen.“
So bedienen vier Wirte, seit mehr als 25 Jahren, als lässiges Quartett, im Quartier Latin, und zwar an unterschiedlichen Tagen: Annerose, Thomas Kolodziej sowie Mark und Patrick Dors. „Hinter der Theke sind wir Entertainer und Psychologen. Wir sind immer freundlich und haben ein offenes Ohr für die Gäste“, betont Annerose lächelnd und fügt hinzu: „90 Prozent der Menschen sagen immer noch: Wir gehen zum Axel! Die Jüngeren sagen: Wir gehen ins Quartier.“ Dazu müsse man etwas zur Vorgeschichte wissen: „Ich war fast 16 und habe darauf gewartet, endlich, endlich, wie meine ältere Schwester, zu Axels Kneipe gehen zu können. Damals sagte eben jeder: Wir gehen zu Axel! Und dann war es endlich so weit.“ Mit 17 begann sie dort zu kellnern und bediente später auch im Bahnhofscafé (BaCa). „Nach insgesamt 25 Jahren stand das Quartier Latin für Axel dann nicht mehr als „sein Baby“ im Vordergrund, sondern er war nun überwiegend im BaCa anzutreffen.“
Die Ausstattung der Kneipe habe sich im Laufe der Jahre kaum verändert. „Uns war es wichtig, den Charme aus Gründerzeiten lebendig zu halten und es im Sinne von Axel fortzuführen.“ Am Wochenende sei die Hütte voll, während der übrigen Tage halte es sich in Grenzen, sagt Annerose. „Das Rauchverbot hat die Leute zum Glück nicht besonders abgeschreckt. Allerdings gibt es in Kaldenkirchen auch nicht mehr viele Kneipen.“ Die Bedienung im Quartier wechselt täglich. So bekommt sie, wie auch ihre Kollegen, Gäste, die nur an bestimmten Tagen einkehren, praktisch nie zu Gesicht. „Bei uns treffen sich natürlich auch unterschiedliche Gruppen zum Stammtisch, wie die Kaldenkirchener Handballer. Die haben hier auch immer richtig Spaß.“
Annerose lächelt. „Wir alle, unser Team und unsere Gäste, sind wie eine große Familie, eine Kneipenfamilie, oder auch wie Freunde. Im Laufe der Jahre wächst man halt so zusammen.“ So bekomme sie auch schon mal 500 Urlaubsfotos präsentiert, die sie „mal eben“ durchgucken müsse. „Ich muss auch manchmal schmunzeln, wenn ich die gleichen Geschichten noch mal und noch mal erzählt bekomme. Das gehört halt dazu. Ich höre dies und das; bin immer freundlich, und wir sind natürlich alle sehr diskret“, betont sie.
Eben das Persönliche sei es, was ihr viel Spaß an ihrem Kneipenjob und im Umgang mit Menschen beschere. „Natürlich gibt es auch Tage, an denen ich mal nicht so gut drauf bin und denke: So, jetzt muss ich nach meinem Hauptjob auch noch dahin. Aber sobald ich die Kneipebetrete, ist es, als ob ein Schalter umgelegt wird. Ich bekomme gute Laune, und bin sehr schnell voll und ganz in meinem Element.“
Neben dem Spring Jam, im Rahmen des Frühlingsfestes, lädt das Quartier Latin im November jeweils an zwei Samstagen, zu Live-Musik ein. Der Eintritt ist immer frei, aber einer der Wirte geht mit einem Hut herum, und das Team der Kneipe steuert selbst noch etwas dazu. Für die Kneipe gibt außerdem jedes Jahr im Februar eine Geburtstagsparty sowie das traditionelle Weihnachtskonzert zum Jahresabschluss. Weitere Live-Auftritte finden nicht statt. „Wegen der Temperaturen können wir im Laufe des Jahres die Fenster nicht geschlossen halten. Sie zu öffnen, so dass die Musik weithin schallt, das wollen wir der Nachbarschaft nicht zumuten“, sagt Annerose. Auch mit dieser werden natürlich freundschaftliche Kontakte gepflegt. „Wenn wir zur jährlichen Choppertown Sideshow, mit Motorrädern und Kasten-Bikes, in die Fußgängerzone einladen, können unsere Gäste aus ganz Europa zum Teil sogar in der Nachbarschaft übernachten“, berichtet sie dankbar.
Sehr bewegt habe Annerose und auch ihre Kollegen das „Axel Revival“, zu dem die Kneipe vor einiger Zeit eingeladen hatte. „Wir haben ehemalige Gäste persönlich angeschrieben, und alle kamen. Schließlich standen wir sogar mit ein paar 100 Leuten draußen. Wir haben nur erzählt, es gab keine Live-Musik. Überall hingen Bilder von Axel, und es war richtig toll, noch mal die Menschen von früher getroffen zu haben und in die damalige Atmosphäre abgetaucht zu sein. Es war fast so, als ob Axel dabei war“, sagt Annerose ein wenig wehmütig.
Auch der „Kultfriseur“ Wilfried Geraedts gehört zu den ehemaligen Stammgästen. „Ich kann mich an eine Situation erinnern, als sich junge Leute über einen älteren Gast lustig gemacht haben, im Sinne von, was er denn in einer Kneipe wolle. Daraufhin hat Axel ihnen erst mal ordentlich die Leviten gelesen und erklärt, dass jeder Gast in seiner Kneipe herzlich willkommen sei, egal welchen Alters“, erinnert sich der Kaldenkirchener. Annerose sagt lächelnd: „Wenn Axel sehen könnte, wie wir das Ganze hier fortführen, dann würde er sich sicher sehr freuen.