„Entdeckt die jüdischen Lebensgeschichten!“


– Familiengeschichte „Versteckte Jahre“ im Mittelpunkt des Tages (27. Januar) zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus –

Kempen/Kreis Viersen. Als Helga Feldner-Bustin durch das ehemalige Konzentrationslager Theresienstadt läuft, sind viele Erinnerungen sofort wieder präsent: die Unterkünfte für die jüdischen Familien, die Arbeitslager, die Ernte auf den Feldern – oder auch, dass sich zwei Jugendliche einen Sack Stroh fürs Nachtlager teilten.

Zum „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ schildert die österreichische Journalistin Anna Goldenberg die Lebensgeschichte ihrer Großeltern, die während des Zweiten Weltkriegs als jüdische Jugendliche in Wien lebten. Für die Journalistin ist die Reise mit ihrer Großmutter der Anlass, sich intensiver mit der Familiengeschichte zu befassen. „Versteckte Jahre“ lautet der Titel ihres Buches, das sie zum Holocaust-Gedenktag des Kreises vorstellt. Die Kreisvolkshochschule Viersen richtet den Abend in Kooperation mit dem Kulturamt der Stadt Kempen aus.

„Der Holocaust-Gedenktag hält die Erinnerung an die Ermordeten am Leben. Und er mahnt uns alle, unter der Losung des ,Nie wieder!‘, die alle Demokraten eint, dem Hass als dem wahren Feind entgegenzutreten“, betonte Landrat Dr. Andreas Coenen in seiner Begrüßung. „Anna Goldenberg gibt uns mit ihrem Buch einen wichtigen Denkanstoß: Interessiert Euch für das jüdische Leben! Entdeckt die Lebensgeschichten! Hinter den verfolgten Juden des Dritten Reiches stehen Millionen menschliche Schicksale.“Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist Bundesarchiv_B_285_Bild-04413_KZ_Auschwitz_Einfahrt-1.jpg

Anna Goldbergs Großmutter Helga, Jahrgang 1929, kam mit 14 Jahren ins KZ Theresienstadt. Dreimal ist sie für den Transport ins Lager nach Ausschwitz eingeplant. Dreimal wird sie gerettet – durch „glückliche Umstände“, wie Anna Goldberg sagt. Ihre Großeltern lernten sich erst nach dem Ende des Kriegs in Wien kennen. Anders als Helga war Großvater Hans Bustin, Jahrgang 1925, nicht im Konzentrationslager. Als seine Familie deportiert wurde, schlug er sich zum Arzt Josef Feldner durch. Feldner nahm den Jugendlichen Bustin drei Jahre lang, während der Nazi-Herrschaft, in seinem Zuhause in Wien auf. Bustin musste sich nicht im eigentlichen Sinne verstecken, sondern nahm am Leben im siebten Bezirk in Wien teil.

„Bewusst haben wir in diesem Jahr zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus keinen Zeitzeugenbericht, sondern eine aus der Moderne erzählte Familiengeschichte in den Mittelpunkt gestellt“, sagt Bianca Goertz, Leiterin der Kreisvolkshochschule Viersen. „Der Vortrag von Anna Goldberg zeigte eindrucksvoll, wie Gedenken in der heutigen Zeit gelingt: mit interessanten Lebensgeschichten, Biografiearbeit und einem offenen Umgang mit dem Thema.“
Hintergrund
Der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus ist der Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers in Ausschwitz am 27. Januar 1945. Die zentrale Gedenkveranstaltung im Kreis Viersen organisiert die Kreisvolkshochschule Viersen alljährlich gemeinsam mit dem Kulturamt der Stadt Kempen im Kulturforum Franziskanerkloster.

Titelbild (gemeinfrei):Bundesarchiv, B 285 Bild-04413 / Stanislaw Mucha / CC-BY-SA 3.0 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_B_285_Bild-04413,_KZ_Auschwitz,_Einfahrt.jpg

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