Hoffnung und Perspektiven schaffen


– Das Gute im Menschen sehen und Hilfestellung leisten –

Von Susanne Jansen

Breyell. „Wenn man mit Menschen zusammen arbeitet, muss man ein positives Menschenbild haben, das Gute sehen und nicht nur alles auf Probleme reduzieren. Wir haben jetzt eine schwierige Zeit, aber für Jugendliche in der Pubertät ist es immer schwierig“, sagt Marie-Luise Hellekamps und betont: „Die Jugendlichen haben schon genug Probleme. Es ist wichtig, Hoffnung zu wecken und eine Perspektive zu schaffen. Und so bringt jede Krise auch etwas Kreatives mit sich.“

Niederschwelliger Charakter

Seit Mitte der 90er gibt es das Arbeitsfeld Streetwork/Mobile Jugendarbeit Nettetal, unter der Trägerschaft des Katholischen Kirchengemeindeverbandes. Die 61-Jährige liebt ihren Job. „Der niederschwellige Charakter ist mir hier außerordentlich wichtig, wir bieten in normalen Zeiten eine Offene Sprechstunde an. Es ist aber auch jetzt leicht, mit uns jederzeit telefonisch Kontakt aufzunehmen.“  Seit Beginn der Pandemie führte sie zum Teil vom Balkon ihres Büros aus Gespräche und leistete Hilfestellung. Aktuell bietet sie, nach telefonischer Vereinbarung, Einzeltermine an und gibt den Besuchern eine FFP2-Maske, sofern nötig. 

Kein Kumpel, sondern stabiler Unterstützer

In ihrem Büro auf der Berliner Straße 8 empfängt die Streetworkerin hilfesuchende Menschen ab 15 Jahren, unter anderem auch ehemalige Strafgefangene und Obdachlose. „Von mir bekommt niemand ein Konzept, das gibt es nicht. Die Jugendlichen müssen sich mit ihrer Situation immer selbst auseinander setzen. Egal, wie lange sie brauchen, ich bin da! Aber nicht als super Ersatzmutter oder berufsjugendliche Freundin.“ Das Verschwimmen von Grenzen, in Folge von Kumpanei, helfe niemandem weiter. „Ich achte immer auf eine klare Distanz und biete so Stabilität und Kontinuität. Außerdem halte ich strikt die Schweigepflicht ein, bei Kindeswohlgefährdung muss ich jedoch auf die Meldepflicht hinweisen. Ich gebe auch Eltern Tipps, aber  nicht ohne die Einwilligung ihrer Kinder.“ Sorgenvoll beobachte sie, dass immer mehr junge Menschen unter Depressionen leiden. „Ich bin froh, wenn Betroffene mit mir darüber sprechen und ich helfen oder weiter beraten kann.“

In der Gruppe entwickeln 

Über viele unterschiedliche Kanäle habe sie Zugang zu den jungen Leuten, das sei das Reizvolle an ihrem Job. „Ich glaube, nach der Pandemie wird die Halle vor Besuchern nur so bersten, wenn wir endlich wieder zum, mit den Jugendfreizeitheimen organisierten, Midnightsoccer einladen können. Den Jugendlichen fehlen einfach Spiel, Spaß, Gespräche und Erfahrungsaustausch“, weiß die passionierte Streetworkerin. „Ich habe schon überlegt, ob ich, zusammen mit der Oase, etwas Kleines dieser Art auf dem Bolzplatz im Speck machen könnte.“  Aber die Entwicklungen seien leider nicht vorhersehbar und planbar und eben Gruppenunternehmungen noch nicht möglich. „Gerade Jugendliche identifizieren sich in ihrem Alter über die Gruppe. Es ist normal, dass die Familie dann etwas in den Hintergrund tritt. Umso mehr fehlt ihnen verständlicherweise gerade das gemeinschaftliche Identifizieren und Erleben mit Ihresgleichen.“ 

Aufklären und helfen

Natürlich gibt es darunter auch junge Menschen, die mit ihrer Familie Probleme haben. „Jugendliche sind sehr vorsichtig, wenn es darum geht, Vertrauen zu fassen. Sie haben noch nicht den Horizont und die Erfahrungen der Erwachsenen. Stress in der Schule, Mobbing, Gewalt, erste Liebe, sexuelle Übergriffe, beginnend bei Grenzüberschreitungen, Sucht und Essstörungen – das alles ist nicht zu unterschätzen“, weiß Hellekamps aus Erfahrung, „schon in der Sprache kann Gewalt anfangen.“ Um hier aufklärend und unterstützend tätig zu werden, bietet sie, gemeinsam mit Kollegen, Schulprojekte an. Es geht um Suchtprävention, Konfliktbewältigung und den Umgang mit Aggression.

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Den Jugendlichen fehlt das für die Entwicklung wichtige Erleben in der Gruppe.

Positive Dynamik anstoßen

„Wenn Menschen von Grund auf nicht in der Familie gelernt haben, vernünftig miteinander zu reden, muss man dies lernen. Selbst Empathie ist bei einigen gar nicht vorhanden – das zieht sich wie ein roter Faden durch alle sozialen Schichten und Schulformen“, beschreibt Hellekamps. „Es ist wichtig, die Probleme bereits in den jungen Klassen anzugehen, weil sich sonst eine langfristige Dynamik entwickelt – es gibt immer die Stereotypen, den Clown, den Gewaltbereiten, den Schüchternen und so weiter. Hier müssen frühzeitig Rollen aufgebrochen und positive Entwicklungen angestoßen werden.“

Jederzeit ansprechbar

Sie profitiere von ihrem riesigen Netzwerk, das sie sich im Laufe der Jahre aufgebaut habe und sei jederzeit ansprechbar, verspricht die Streetworkerin. „Auch jetzt. Egal um welche Probleme es geht. Ich habe Kontakte in sehr vielen unterschiedlichen Bereichen. Bei Problemen mit dem Jobcenter kann ich auch Kontakt zu einem guten Anwalt aufnehmen, für das Sozialgesetzbuch zwei –  manchmal kommt man anders nicht weiter. Wer Hilfe braucht oder reden möchte, kann mich jederzeit per WhatsApp kontaktieren.“

Weitere Informationen und Kontakt: http://streetwork-nettetal.de/,

Handy: 0177-8213197 und E-Mail: streetwork-nettetal@online.de.

Text und Foto: Medienagentur Niederrhein, Susanne Jansen