In Jugendarbeit hinein gewachsen


– Kinder und Jugendliche sollen immer Mittelpunkt bleiben –

Von Susanne Jansen

Breyell. „Wir hatten damals in der Schule eine Maßnahme zur Berufsorientierung. Für mich war ganz klar, was nicht zu mir passt: eine Arbeit, die den direkten Umgang mit Menschen erfordert“, sagt Dirk Engels, Sozialpädagoge aus Leidenschaft, schmunzelnd. Seine favorisierte Richtung sei eher die eines Technikers oder Handwerkers gewesen. „Auf dem Gymnasium St. Wolfhelm in Waldniel habe ich das Abitur gemacht und im Anschluss meinen Zivildienst im Waldnieler Kinderdorf geleistet. Dort gehörte es zu meinen Aufgaben, die Erzieherbibliothek zu sortieren und die Bücher einzubinden. Da habe ich dann auch schon mal in den Büchern rumgeschmökert und fand es sehr interessant, was ich so las.“

25 Jahre mit Herz und Verstand

Engels blickt auf nunmehr 25 Jahre vielschichtig engagierter Leitung des Jugendfreizeitheims Oase zurück. Gut gelaunt erzählt er von seinen Anfängen. „Als 16-Jähriger war ich häufig in unserem Evangelischen Jugendheim in Waldniel und habe dort bereits ehrenamtlich ausgeholfen. Während meines Sozialpädagogikstudiums habe ich dann dort Praktika gemacht und auch mein Anerkennungsjahr“, erzählt er und fügt lächelnd hinzu: „Ich bin quasi in der Jugendarbeit groß geworden und praktisch hinein gewachsen.“ Ferienfreizeiten organisierte und betreute er damals ebenfalls schon mit. „Auch daran habe ich noch schöne Erinnerungen: Wir waren mit 50 Leuten unterwegs und haben drei Wochen lang  auf Gaskochern das Essen zubereitet. Das war ein richtiges Abenteuer!“

Unfreiwillig turbulent

Nach dem Anerkennungsjahr gab es für Engels keine freie Stelle im Waldnieler Jugendheim. Im November wand er sich an den damaligen regionalen Jugendpfleger des Kreis Viersen; das war im November 1996. „Er sagte mir, dass in der Breyeller Oase eine Stelle vakant ist. Daraufhin nahm ich sofort Kontakt mit dem damaligen Leiter der Oase, Frank Brünker, und Pastor Hermann Josef Klumpen auf.“ Umgehend wurde der gebürtige Schwalmtaler zum Vorstellungsgespräch eingeladen und schilderte dort seine Vorstellungen zur Offenen Jugendarbeit.

„Am Ende des Gesprächs fragte ich Frank, wie es denn nun weitergehe. Er antwortete sofort: Du fängst am 1. Dezember hier an.“ Dass es so schnell gehe und er auch direkt erfolgreich sei, damit habe er nicht gerechnet. „Mein Herz hat einen Sprung vor Freude gemacht. Das hatte man mir ja während des Gesprächs so nicht gesagt.“ Im Folgenden sei es jedoch noch ein wenig unfreiwillig turbulent geworden: „Am 30. November kam ich gerade als leidenschaftlicher Fan und Zuschauer von einem Grefrather Eishockeyspiel, da hatte ich am „Schänzchen“, in Höhe Boisheim, einen Unfall, als mir jemand die Vorfahrt nahm.“ Am nächsten ersten Arbeitstag parkte der zukünftige Oaseleiter in einem Mietwagen mit Münchener Kennzeichen vor der Einrichtung. „Die Jugendlichen haben gestaunt, als ich vorfuhr und gefragt: Bist du nicht von hier? Du sprichst aber wie wir“, erinnert er sich lachend.

Die schönsten Momente

Schöne Momente gebe es viele; aber am meisten Spaß hat Engels bei den Soccer at Midnight- Veranstaltungen. „Dorthin kamen immer viele Jugendliche. Es gab ein großes gemeinsames Hallo, auch mit denen, die man lange nicht gesehen hatte! Der Funke springt immer sofort über, als hätten wir uns erst gestern gesehen, was für eine besondere Bindung spricht“, berichtet er strahlend. „Es ist sehr schade, dass die Turniere wegen Corona zwei Jahre lang nicht stattfinden konnten. Bei diesen persönlichen Treffen fragen wir immer nach: Was hast du gemacht? Wie hat sich alles für dich entwickelt?“ Da gehe einem im wahrsten Sinne des Wortes das Herz auf, wenn sich offenbare, wie sich Jugendliche weiter entwickelten. „Vor allem bei denen, welche man selber unterstützt hat, zum Beispiel eine Lehrstelle zu bekommen.“ So habe es einige Russlanddeutsche gegeben, die bei Bewerbungen bereits wegen ihres Namens abgelehnt worden waren. „Ihnen haben wir geholfen, eine optisch und inhaltlich vernünftige Bewerbung zu schreiben. Rund 600 Bewerbungen sind so im Rahmen unseres Jobcafé geschrieben worden.“ Es gibt aber auch viele bewegende Einzelgeschichten. „Einmal habe ich jemanden, der sich im Offenen Jugendarrest befand, dort hingefahren, weil er keine Möglichkeit hatte, dort hin zu kommen. Auch solche Maßnahmen, auf Eigeninitiative und außerhalb unseres Wirkungskreises, waren für uns immer selbstverständlich. Das ist ehrlich gelebte Jugendarbeit!“

Die Früchte ernten

So freue man sich über die Erfolge der eigenen Arbeit, resümiert Engels zufrieden und stolz, „zum Beispiel wenn einige der betroffenen Jugendlichen dann sogar noch studiert haben und Techniker oder Meister geworden sind. Diese jungen Leute sind uns auch heute noch sehr dankbar.“ Ebenso blicke er sehr gerne auf die Zusammenarbeit mit seiner ehemaligen Kollegin Eva Cappel vom „Piet acht“ in Hinsbeck zurück. „Das war immer klasse! Wir haben uns prima ergänzt und sehr gut verstanden; jeder hatte seinen Bereich, in dem er glänzte. Auch in Notsituationen haben wir uns gegenseitig unterstützt. An dieser Stelle nochmal ein ganz großes Dankeschön an meine Kollegin Eva, die sich in diesem Jahr nach 28 Jahren beruflich verändert hat!“

Wünsche für die Nettetaler Jugend

„Was auch für die Zukunft wichtig bleiben sollte, ist, dass Kinder und Jugendliche immer im Mittelpunkt stehen sollten! Es geht nicht vordergründig um Politik und um Gelder oder um abweichende Ansichten. Es geht immer und vor allem in erster Linie um das Wohl der Kinder und wie man sie unterstützen und bestmöglich auf den Weg bringen oder begleiten kann!“ Der Oaseleiter denkt dabei auch an die Umstellung der Leistungsvereinbarungen der vergangenen Jahre. In der Vergangenheit wurden zum Nachteil der Jugendlichen Fachleistungsstunden eingeschränkt. Dazu kamen neue, zu dokumentierende Verwaltungsaufgaben: Wer hat was gemacht, mit welchem pädagogischen Hintergrund? Wie stellte sich das im sogenannten Wirksamkeitsdialog dar? „Früher, ohne diese zusätzlichen Aufgaben, hatte man mehr Zeit für die Jugendlichen, um sich konzentriert auf die wesentlichen Dinge für ihre Entwicklung zu fokussieren. Das fehlt heute, und das finde ich sehr schade“, bedauert Engels, der seinen Beruf als Sozialpädagoge nicht nur ausfüllt, sondern sehr ernst nimmt und liebt.

Text und Fotos: Medienagentur Niederrhein, Susanne Jansen

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