– Es wird anders und doch ändert sich nichts: Mit viel Herzblut geht es weiter –
Von Susanne Jansen
Breyell. Als 14-Jähriger hatte er bereits den Lehrvertrag als Metzger in der Tasche und sogar schon eine Wohnung in Leverkusen gemietet. „Dann bekam mein Vater einen Herzinfarkt, und so kam alles anders“, erinnert sich der Breyeller Wilfried Kreuels. Der Vater fiel komplett aus, und so wurde der Junior nicht nur in das Gaststättengewerbe hineingeboren, sondern ist weiter hineingewachsen. „Für mich ist unsere ‚Bierkultur Kreuels‘ bis heute eine ganz besondere Herzensangelegenheit“, versichert er lächelnd. Die Kneipenwand mit Blickrichtung zum Eingang des Saals ziert ein malerisches Profil seines verstorbenen Vaters. „Nein, nein, das bin nicht ich!“, dementiert er eins ums andere Mal. „Das denken viele. Gemalt hat es ein Karikaturist. Es ist bis heute unser persönliches Logo geblieben.“
Im Jahr 2009 hatte zunächst Wilfrieds Sohn Alexander die Gastronomie übernommen, während Wilfried mit viel Herzblut weiter ausgeholfen hatte. Im Jahr 2018 wurde der Kneipier aus Leidenschaft vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband für „50 Jahre hinter der Theke“ geehrt. Anfang 2019 hatte ihm sein Sohn die Gaststätte vertrauensvoll in vollem Umfang zurück in seine Hände gegeben. „Er wollte wieder mehr Zeit für seine Familie haben und ist deshalb zurück in seinen alten Job gegangen. Nicht ganz ohne Wehmut sagt er: „Nun steht Altersteilzeit an, auch wenn es mir nicht leichtfällt. Ich verabschiede mich damit quasi ein wenig von einem Teil meines Lebens.“ Ein wenig schelmisch jedoch fügt er hinzu: „Aber damit ist noch lange nicht Schluss!“
VERANSTALTUNGEN
„Wir stellen das Tagesgeschäft ein und öffnen nur noch für Großveranstaltungen, wie Jubiläen, Karnevals- und Schützenveranstaltungen, Hochzeits- und Trauerfeiern, Abifeiern – grundsätzlich für Feste jeglicher Art“, verkündet Ruth Appenroth strahlend. Kreuels‘ herzliche Lebensgefährtin ist leidenschaftliche Hobbyköchin und bietet seit einem Jahr ihre Menüs à la carte an. „Die Karte ist verkleinert und übersichtlicher, wir bieten alles an, was ich allein frisch zubereiten kann“, erzählt sie strahlend. Jedoch habe mittlerweile das Tagesgeschäft einfach zu sehr gefordert. „Ich habe täglich nachmittags, um 15 Uhr, mit dem Kochen begonnen, und irgendwann zwischen 22 und 24 Uhr, je nach Veranstaltung, war endlich Feierabend. Wir sind beide über 70, in unserem Alter bekommt man irgendwann auch die gesundheitliche Quittung, man kann nicht mehr einfach rücksichtslos weiterpowern, und dann muss man einfach etwas ändern.“ Schmunzelnd verrät sie: „Aber unsere Muscheln nach dem uralten Rezept von Tante Mia, die wird es natürlich weiterhin geben. Für September planen wir eine Muschelwoche für unsere Stammgäste. Es gab tatsächlich welche, die den Tränen nahe waren, weil sie um ihre ‚Kreuelsmuscheln‘ bangten.“
„Natürlich ist ein komisches Gefühl, jetzt einen Gang zu rückzuschalten. Es fällt uns beiden nicht leicht“, räumt Kreuels ein, „aber wir werden uns mit der Zeit an die neue Situation gewöhnen. An dem Karnevalswochenende hatten wir noch volles Haus, es war körperlich sehr anstrengend, lief aber alles friedlich ab. Das ist heutzutage auch nicht mehr selbstverständlich. Dafür möchten wir beide uns auch noch mal im Besonderen bei unseren Gästen bedanken.“ Er betont, es müsse sich kein Karnevalsverein über die bereits gebuchten Veranstaltungen mit den von Vereinsseite aus engagierten Künstlern Sorgen machen. „Ich habe für die nächste Session alles fest zugesagt, auch die Prinzenproklamation. Ebenso bleibt ‚die Bierkultur‘ weiterhin Gelagshaus des Breyeller Schützenvereins und hat zum Schützenfest in diesem Jahr von Freitag bis Dienstag geöffnet. Und selbst wenn wir mal verkaufen sollten, dann nur unter der Voraussetzung, dass der Käufer die feststehenden Termine allesamt übernimmt. Was Besseres könnte ihm doch gar nicht passieren, als einen laufenden Betrieb zu übernehmen.“ Die sympathische Hobbyköchin freut sich: „Wir haben nun ein bisschen mehr Zeit für uns und freuen uns weiterhin auf viele bunte Veranstaltungen mit schönen Erlebnissen für glückliche Gäste, die ich bekochen kann.“
Auch Wilfrieds Bruder Ludwig, ehemaliger Karnevalsprinz, Ex-Karnevalspräsident und Schützenkönig a.D. war am Karnevalswochenende extra aus Teneriffa angereist, „um am Rosenmontag nochmal in der Gaststätte mitzufeiern und das Tagesgeschäft zu verabschieden“. Er freue sich, dass sein Bruder mit der sympathischen Lebensgefährtin endlich sein persönliches Glück gefunden habe und nun mehr Zeit vorhanden sei, ihn ohne Zeitdruck in seiner Wahlheimat zu besuchen. „Ich wünsche den beiden alles Gute!“
Anekdoten
Natürlich verbindet Kreuels auch eine Vielzahl von Erinnerungen mit seiner Kneipe und dem angrenzenden Saal. Die jüngeren Kneipenbesucher ließen häufig durchblicken, so erinnert er sich, dass sie es faustdick hinter den Ohren haben und sorgten so eins ums andere Mal für außerordentlich nachhaltigen und erheiternden Gesprächsstoff: „Einmal kamen zu Karneval zwei Männer wie ein SEK-Kommando in die Kneipe gestürzt. Der eine saß in einem Einkaufswagen, der andere schob denselben im Dauerlauf. Es waren zwei Kumpels, und der im Wagen musste ganz dringend auf die Toilette. Damit sie sich schnell Platz verschaffen konnten, und es funktionierte – die Leute sprangen zur Seite -, verschafften sie sich mit dem Einkaufswagen Eintritt, noch ehe einem klar war, was geschah.“
Für viel Gesprächsstoff sorgten vor allem die jüngsten Bundeswehrsoldaten. „Als es die Wehrpflicht noch gab, genossen die jungen Rekruten am Wochenende bei uns frei trinken, nur Runden mussten sie natürlich bezahlen.“ Ein junger Soldat habe sich an einem Sonntag so betrunken, dass er die komplette Zugfahrt auf dem Weg zur Kaserne in Rheine verschlafen habe und schließlich in Bremen erwacht sei. Als er sich, scheinbar vollends aus dem Rausch erwacht, auf die Rückfahrt machte, habe er erneut nicht den Zug, denn er lag ja in demselben, sondern den Ausstieg an der richtigen Station verpasst und sei in Mönchengladbach erwacht. „So fand er den Weg in die Kaserne erst am Nachmittag, anstatt um 6 Uhr in der Frühe. Was haben wir über diese Geschichte gelacht!“, schildert Kreuels amüsiert.
Dann habe es da noch den Gast gegeben, der im Herzen Breyells, nackt in einen Springbrunnen sprang und dort ein Schaumbad nahm. Der Name des beherzten Badegastes wollte Kreuels selbstverständlich nicht mehr so recht eingefallen, aber die Begebenheit habe für viel Unterhaltung gesorgt. „Damals haben wir gesagt: Ganz Breyell ist ein Schaumbad. Und auch die Polizei war zur Stelle. Jedoch haben auch die Polizisten gelacht und festgestellt: Ja, was sollen wir denn da machen?“
Text und Titelbild: Medienagentur Niederrhein, Susanne Jansen