– Eloquente Epik und wuchtiger Wortwitz –
Von Susanne Jansen
Lobberich. „Es hört nicht auf“ – eben davon überzeugte Wilfried Schmickler mit viel Leidenschaft im Lobbericher Seerosensaal. Energisch entlarvend, mit atemberaubenden Alliterationen und wunderbarer Verbalakrobatik tobte der polarisierende Politkabarettist über die bürgerliche Bühne. Seit über 40 Jahren besticht er durch in Eloquenz schwelgender Epik sowie wuchtigen Wortwitz und pointierte Poesie in Wort und Gesang. Sein erklärtes Ziel: Missstände in der Gesellschaft zu demaskieren und zu veralbern. „Der Kampf gegen die Idiotie und die Ungerechtigkeiten in dieser Welt, gegen soziale Ungleichheit, gegen Hass und Intoleranz treiben mich an. Hier trete ich quasi bewaffnet an, mit den Worten der Wahrheit.“
Energiegeladen
Als Erstes müsse er ein Geständnis ablegen, so eröffnete der gut gelaunte und energiegeladene, vielfach preisgekrönte Kabarettist seinen Auftritt. „Es geht um das geistige Eigentum. Es gibt zahlreiche Worte, zuweilen sogar ganze Sätze, die ich irgendwo gelesen und übernommen habe.“ Plagiate, die zu gut seien, um sie dem Publikum vorzuenthalten. Er bezieht sich auf die „Aufstände in den Sozialen Netzwerken“ und rezitiert genüsslich: „Die Produktion von Gelaber wird stimuliert, wann immer die gefühlte Verpflichtung, sich zu äußern, größer wird als die Kenntnis der Fakten.“ Das Publikum im gut gefüllten und mit Sicherheitsabständen versehenen Saal quittierte derartige Wortakrobatik mit brüllendem Gelächter und Applaus. „Leider ist eben dieser Satz nicht von mir. Aber für Dummschwätzer sollte das Abschreiben dieses Satzes zur selbstverständlichen Strafarbeit werden“, schlug der 67-jährige Künstler grinsend vor.
Ministerin für Gedöns
Wegen der heimlichen Verwendung eines Plagiats sei Franziska Giffey einst besonders aufgefallen. Schließlich rufe dies Plagiatsjäger auf den Plan, so dass sich der stillschweigend Bedienende selbst „zum Abschuss frei gebe“. „Sie war in der Großen Koalition Ministerin für Gedöns und wurde in der Süddeutschen Zeitung so beschrieben: Hinter feiner Mädchenstimme und in strengen Kostümen, mit hochgestecktem Haar verberge sich eine Persönlichkeit.“ Kein Mensch käme auf die Idee, die Charakteristik eines männlichen Ministers derart zu beschreiben, ist Schmickler sicher und ergänzt beispielhaft: „Hinter schütterem Haupthaar und schlechtsitzenden Anzügen sowie einer Knabenstimme vermutet niemand einen besonderen Charakter! Und Franziska Giffey ist heute regierende Bürgermeisterin von Berlin. Geht doch!“
Gesundheitsmufti
Natürlich und vor allem führt in dieser Zeit auch für Schmickler kein Weg an Corona vorbei. „Es gilt die Neufassung des Infektionsschutzgesetzes, die der gelauterte Läuterbach, ‘tschuldigung, der geläuterte Lauterbach Ende März verkündet hat. Da wurden alle geltenden Beschränkungen vom Gesundheitsmufti aufgehoben.“ So weit, so gut. Der Kabarettist frage sich jedoch, welche Folgen Corona wohl erst auf die seelische Gesamtbefindlichkeit habe. „Das nehme ich sehr ernst. Ich habe in den vergangenen 24 Monaten erhebliche Teile meines Verstandes verloren!“, erklärt er lakonisch. So sei er bereits am Beginn des ersten Lockdowns mit einem Helm durch die Wohnung gelaufen. „Ich hatte Angst, mir fällt die Decke auf den Kopf. Und dann bin ich auch noch jeden Tag vor dem Abendessen spazieren gegangen, ich, Luft schnappend. Wie nach draußen und Luft schnappen, dachte ich spontan. Das habe ich doch schon als Kind gehasst!“
Aber schließlich ging auch „Es hört nicht auf“ zu Ende. Und so bescherte dieser in Windeseile verflogene Abend das dankbare Gefühl, wieder einmal frei atmend und entspannt, mit überbordendem Esprit und auf hohem Niveau bestens unterhalten worden zu sein.
Text und Foto: Medienagentur Niederrhein, Susanne Jansen