– Wolfgang Trepper: Gallige Attitüden bei der Tour 2018 –
Lobberich (sp). Die Kulisse erscheint minimalistisch: ein Tisch, ein Stuhl, eine Handtasche. Das reicht. Ganz und gar. Denn seine bärbeißige Präsenz auf der Bühne ist äußerst Raum fordernd. „Herzlich willkommen… in Lobberich? Richtig?“, fragt Wolfgang Trepper nicht wirklich konfus, sondern eher deutlich, mit einem Hauch fröhlicher Impertinenz.
Zum dritten Mal beehrt das Raubein mit Ruhrpott-Charme das „Kleine Theater mit großen Gästen“ und holt sogleich zum fröhlichen Seitenhieb aus: „Bereits im Jahr 2012 sagte man mir: Du guckst ein bisschen komisch. Die Halle wird demnächst renoviert. Aha!“ In jenem Jahr wurde er nach seinem Auftritt während der Autofahrt geblitzt. Im Jahr 2013 erlebte er seine längste Taxifahrt – eine Reise von Köln nach Nettetal. Bei seiner damaligen Ankunft habe er festgestellt, dass sich die Werner-Jaeger-Halle im gewohnt nostalgischen Gewand präsentierte. Im Jahr 2017 musste er seinen Auftritt absagen, da ihm eine Achillessehne gerissen war. Mittlerweile habe sich eine gewisse Spannung aufgebaut: „Was kommt als nächstes: die Eröffnung des Berliner Flughafens oder die Renovierung der Werner-Jaeger-Halle?“
Wirklich niemand kommt an Treppers galligen Attitüden vorbei, der wie ein Berserker über die Bühne tobt. Dabei präsentiert er sich selbstironisch, verhöhnt augenzwinkernd die Allüren seiner Lebensgefährtin und deren Tochter, genauso wie das Publikum in Nettetal: „Was tun Sie sich hier an? Sie kommen extra aus Neuss – für den Scheiß?“ Oder: „Wenn ich so sehe, was hier alles in der ersten Reihe sitzt…“ Die Nettetaler verstanden, sie bewiesen eine Riesenportion Humor: Immer wieder gab es brüllendes Gelächter und tosenden Applaus. Das schien den 57-jährigen Duisburger noch anzuspornen: „Dieser Witz kommt nicht in jedem Ort gut an.“
Er gibt gefühlt nicht den typisch deutschen Wutbürger, der über alles meckert – Trepper lebt diese Rolle buchstäblich auf der Bühne. Wie ein roter Faden zieht sich so seine, von fast zwanghafter Wut, mit Neigung zur Weißglut, präsentierte Antipathie gegenüber Sofia Thomalla durch den Abend. „Was kann die eigentlich? Was macht die eigentlich?“
Auch die Politik bekommt natürlich ihr Fett weg – im Zusammenhang mit Donald Trump spricht der Kabarettist vom „homophoben Arschloch“ und verwendet ein Zitat von FDP-Chef Christian Lindner: „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren.“ Trepper meint: „Ich bin froh, in einem Land zu leben, in dem man auf der Bühne noch sagen darf, was man denkt.“ Doch auch vor der deutschen Politik macht sein Spott nicht halt. Er bezeichnet Andrea Nahles, als „Eine, die bei Herbert Wehner noch nicht mal hätte putzen dürfen“ und brüllt: „Da bin ich ja froh, dass sie nicht auch noch im Bundestag das Pippi Langstrumpf-Lied singt!“
Hier präsentiert sich der Mensch Trepper, einer wie Du und ich, beinahe romantisch: Der Kabarettist bedauert den Verlust des eigentümlichen, nonkonformen, die Familie auf der Couch verbindenden Wetten dass…?? mit Thomas Gottschalk, im Kontrast zum lieblos-modernen Einheitsbrei der deutschen Medienlandschaft. Trepper geht noch weiter zurück in der Zeit: Es sei sein Vater gewesen, der im Zuge der Bedienung eines Fernsehers längst vergangener Epochen dafür gesorgt habe, dass der Kabarettist bis zu seinem elften Lebensjahr annahm, er hieße Schalt-Mal-Um und sein Bruder Mach-Mal-Lauter. Im gleichen Sinne lässt der 57-Jährige, mit dem ein oder anderen Hauch von Sehnsucht, ebenso seine prägende Kindheits- und Familiengeschichte in Duisburg-Rheinhausen, Revue passieren: Mickey Maus-Hefte, zum heimlichen Lesen unter dem Bett auf die Erleuchtung des Abendhimmels, durch das benachbarte Stahlwerk, wartend; ein Zelt, das auf dem heimischen Hof mit einer Teppichstange gebaut worden war, um darin ganze Nachmittage spielend zu verbringen; und es gab die klassischen Elternzitate: „So lange du deine Füße unter meinem Tisch stellst…!“. Trepper erinnert sich an die Affinität seines Vaters zu Schlagern und an dessen ganz speziellen Humor: „Habt ihr schon mal darüber nachgedacht, dass der Eiswagen keine Toilette hat?“
Am Ende eines sehr vergnüglichen Abends, getragen vom Esprit geladenen Wortwitz sowie explosiver Mimik und Gestik eines mit viel Adrenalin geladenen Kabarettisten, bedankte sich dieser schließlich mit ruhigen und bewegten Worten bei seinem Vater und seiner Mutter. Auch für das Publikum hat er noch ein paar letzte Worte: „Bitte bleiben Sie der Kleinkunst treu und erhalten Sie die Bühne am Leben. Ich wünsche Ihnen außerdem, dass Sie gesund bleiben.“ Am Ende der Veranstaltung stand er am Ausgang des Foyer und sammelte in seiner Handtasche Spenden, die unter anderem für die Sozialeinrichtung Livingroom Duisburg, für das Hospiz „Hamburg Leuchtfeuer“ und das Dirk-Bach-Haus in Köln verwendet werden.
Wissen kompakt
Mit 16 verfasste Wolfgang Trepper zwei Theaterstücke, ging später in die ‘Kruppsche’ Kaufmanns-Ausbildung und arbeitete bei großen Stahlhäusern des Ruhrgebiets. Seine Leidenschaften machte der Duisburger zum Beruf: Er hat zwei Hobbies – Handball und Radio. Er wurde Manager eines Handball-Bundesligavereins. Mit dem Aufstieg in die 1. Liga gab er diese Tätigkeit auf folgte seiner zweiten Passion. Bei Radio Duisburg arbeitete er innerhalb von drei Jahren als Volontär, Redakteur, Moderator und Chef vom Dienst. Mit etlichen Moderationen, im Rahmen von Veranstaltungen mit bis zu 9.000 Zuschauern, sowie mit weit über 1.500 Radiosendungen, bildetet er sich quasi autodidaktisch weiter und erwarb Erfahrung sowie Feingefühl. Inzwischen brachte Wolfgang 14 Kabarett-Soloprogramme auf die Bühne, gewann sieben Comedy-Preise und tritt seit 2006 bundesweit 250 mal im Jahr auf. Aktuell präsentiert er außerdem, gemeinsam mit Mary Roos, das Programm “NUTTEN, KOKS & FRISCHE ERDBEEREN”, die Geschichte des deutschen Schlagers.