„Wo sind die Schenkelhähnchen?“


– Grenzüberschreitend Hand in Hand arbeiten –

Waldniel (sp). Im Sommer 2015 fing alles an: Zunächst stand im Asylkreis die Frage im Raume, wie man die Bevölkerung und die Flüchtlinge zusammen bringen könne. „Die Geflüchteten haben wenig Gelegenheit Deutsch zu sprechen. Wie können wir hier eine gemeinsame Ebene schaffen?“, so sei die Überlegung gewesen, erzählt Birgit Mestmäcker, ehrenamtliche Mitarbeiterin des Asylkreises.

Anne Maria Passers, ebenfalls freiwillige Mitarbeiterin, habe dann die rettende Idee gehabt. „Über den Tellerrand kochen ist ein Projekt, das seine Geburtsstunde im Jahr 2013 erlebte, daneben gibt es deutschlandweit Satellitprojekte, die diese Initiative fortsetzen, wie wir, der Asylkreis Schwalmtal“, erklärt Mestmäcker.“ Darüber hinaus gibt es viele weitere Aktionen, die ebenfalls untereinander vernetzt sind. „Uns ist es wichtig, Deutsche und Flüchtlinge auf Augenhöhe zu bringen. Es soll quasi grenzüberschreitend Hand in Hand gearbeitet und kommuniziert werden. Dafür ist das gemeinsame Kochen prima geeignet. Und natürlich verbindet auch das anschließende gemeinsame Essen und schafft ein geselliges Miteinander.“

So findet einmal pro Quartal ein großes öffentliches Kochen in Königs Küchen in Niederkrüchten statt, es wird aber ebenso in privaten Haushalten gekocht. Dabei können die Deutschen Gastgeber oder Gast sein, zum Chefkoch wird jeweils einer der Flüchtlinge ernannt.

„Wenn jemand seine Küche zur Verfügung stellen möchte, kann er sich gerne an uns wenden“, bietet Mestmäcker an. Sie überprüft dann, wie viel Platz vorhanden und wie das kulturelle Mischungsverhältnis ist. „Denn sonst kommt keine Kommunikation zu Stande, und die Flüchtlinge unterhalten sich folglich nur untereinander“, weiß die Waldnielerin aus Erfahrung. Als nächstes werde dann der Chefkoch ernannt, wenn er dies auch gerne möchte.

Beim privaten Kochen ist es den Gastgebern überlassen, wie bezahlt wird. „Einen Tag vor dem Kochen fährt der Gastgeber mit dem Chefkoch zum Einkaufen. Der Gastgeber kann zum Beispiel die Lebensmittel bezahlen und in seiner Küche ein Sparschwein für Spenden aufstellen.“ Es werde genau darauf geachtet, landestypische Lebensmittel zu kaufen, wie zum Beispiel in exotischen Supermärkten in Mönchengladbach.

„Es ist nicht nur interessant, irgendwie ins Gespräch zu kommen, sondern auch die unterschiedlichen Kochgewohnheiten zu entdecken und voneinander zu lernen“, findet die Ehrenamtlerin. „Um nur ein Beispiel zu nennen: Wo bei uns die Petersilie als Kraut zum Würzen verwendet wird, da wird sie bei den Syrern als Salat gereicht.“ Ganz wesentlich sei bei der Zubereitung der Speisen die Rolle des Chefkochs. „Es stärkt das Selbstbewusstsein, wenn ich anleiten darf, wenn ich sage, wie, was, in welcher Größe geschnitten und wie es zubereitet wird. Und die Geflüchteten sind froh, wenn sie tatkräftig einbezogen werden und somit eine Aufgabe haben. So wird Eis gebrochen und es werden die Tore zur Kommunikation geöffnet“, betont die herzliche Mitarbeiterin des Asylkreises. Damit sei die Hemmschwelle weg. „Wenn man sich beim nächsten Mal irgendwo über den Weg läuft, grüßt man sich, und daraus sind auch schon deutsch-syrische Freundschaften entstanden“, freut sie sich.

Mittlerweile hat sich noch eine weitere Initiative entwickelt: „Wir haben auch schon in einem privaten Garten über den Tellerrand gegrillt“, erzählt Mestmäcker schmunzelnd. Sehr gut erinnere sie sich auch noch an das erste multikulturelle Kochen im Jahr 2015, sagt sie und lacht. „Beim ersten Kochen hat Saeed aus Syrien den Chefkoch gefragt: „Wo sind die Schenkelhähnchen?“ Dies habe sich fortan zum geflügelten Wort entwickelt und sorge noch heute für gutmütige Erheiterung.

Wer gerne einmal Gastgeber sein und mit Freunden und Flüchtlingen in seinem Haus kochen und essen möchte oder aber als Gast eingeladen werden möchte, der findet hier Kontakt:

Birgit Mestmäcker, Rufnummer 0151/72617356, Email: bm@asylkreis-schwalmtal.de.

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Gemeinsam kochen und auf Augenhöhe kommunizieren. Foto: privat

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Der Chefkoch erklärt im Detail, wo es lang geht. Foto: privat

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Über den Tellerrand grillen. Foto: privat

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Erst gemeinsam multikulturell kochen, dann genießen. Foto: privat