„Der Junge muss endlich in die Bütt“


– Kein Abschied für immer: Mit 16 wurde Holger Michels Präsident der Molveren Dei. Nach dreimal elf Jahren trat er nun zurück. –

Lötsch (sp). Im zarten Alter von sieben Jahren hielt Knirps Holger Michels seine erste Büttenrede, noch vor seiner Einschulung im Jahr 1974. „Der Junge muss endlich in die Bütt“, verkündete sein Onkel Willi Kückemanns, seinerseits Legende im Karnevalsverein Molveren Dei.
So trug es sich zu, dass der kleine Holger, des Lesens noch nicht mächtig, seine erste Büttenrede fleißig auswendig lernte und bereits in sehr jungen Jahren den fidelen Lötscher Verein bereicherte und die komplette Nachbarschaft begeisterte.

Ebenso verwundert es nicht, dass Holger Michels vor dreimal elf Jahren, im Alter von gerade mal 16, eine eigene Truppe mit dem klangvollen Namen „Club der Ungeküssten“ gründete und zugleich die Präsidentschaft des Vereins übernahm. „Ich bin ein Perfektionist“, sagt er über sich, „je näher die Sitzungen rücken, um so schlechter schlafe ich. Ich gehe im Geiste immer wieder Punkt für Punkt das Programm durch – alles muss sitzen. Und es muss absolut fließend sein. Würden zum Beispiel zwei Tanzgruppen hinter einander auftreten – das würde nicht passen.“

Vieles habe sich jedoch im Laufe der Jahre verändert. „Früher dauerte eine Sitzung fünf bis sechs Stunden. Heute nur noch rund drei Stunden. Um spätestens 24 Uhr ist Schluss. Die Menschen feiern lieber heutzutage im Karneval sich sich selber, auch das ist in Ordnung.“

Ältere schätzen Lokalkolorit

Mit ein wenig Wehmut sehe er, dass nur noch die älteren Menschen den im Sitzungskarneval humorvoll präsentierten Lokalkolorit besonders schätzten. „Die Jungen vergleichen eher mit dem Comedy-Stil, den die Medien transportieren.“ Als leidenschaftlichem Karnevalisten war Michels, als er im Jahr 2014 als CDU-Mitglied sein Ratsmandat antrat, auch bewusst, dass ihm nun nicht mehr so viel Zeit blieb. „Deshalb trete ich nun ein wenig kürzer, um wieder mehr Zeit für die Familie zu haben. Ich mache alles mit viel Herzblut und keine halben Sachen.“ Als Vereinsmitglied und Ratgeber steht er selbstverständlich weiterhin mit viel Freude an der Narretei zur Seite. Noch ist nicht klar, wer Michels Nachfolge antreten wird.

Molveren Dei herausgefordert

Das Amt des Sitzungspräsidenten ist in der Satzung der Molveren Dei nicht verankert, damit gibt es auch keine konkrete Amtsperiode. Sicher ist allerdings, dass in 33 Jahren Vieles passiert ist, an das der ehemalige Präsident gerne zurück denkt, so fasst er schmunzelnd zusammen.

„Im Jahr 2014, eben kurz vor den Kommunalwahlen, hatte ich einen Fototermin. Den konnte ich leider nicht wahrnehmen.“ Denn Manfred Mertens, ebenso gut aufgelegter Präsident der Lobbericher Karnevalsgesellschaft Fidele Heide, hatte die fröhliche Truppe der Molveren Dei herausgefordert. „Wir wollten als Glatzköpfe im Tulpensonntagszug mitziehen“, erläutert Michels, „dafür hatten wir alle besondere Kappen. Manfred versprach uns, einige Liter Bier zu spendieren, wenn wir uns eine echte Glatze scheren lassen.“

So wurde dann auch nicht lange gefackelt. „Als wir den Nelkensamstagszug hinter uns gebracht hatten, warteten bereits Friseurinnen mit Haarschneidemaschinen im Zelt auf uns. Außer mir ließen sich noch zwei andere eine Glatze scheren. Der Rest hielt lieber an der Kappe fest“, erzählt der Lötscher lachend. Seinen Fototermin für die Kommunalwahl, der eine Woche nach dem Veilchendienstag stattfinden sollte, habe er folglich aber zwei Wochen verschieben müssen, so erinnert er sich amüsiert.

 Info kompakt

– Lötsch gehört offiziell zu Breyell, ist aber geografisch weder Breyell, Lobberich noch Boisheim zugeordnet und pflegt somit ein komplett eigenes Vereinsleben.

– Der Lötscher Karnevalsverein wurde im Jahr 1893 gegründet. 

– Im Jahr 1992 gab der Verein, anlässlich seines 99-jährigen Jubiläums, ein Lötscher Heimatbuch heraus.