Gnadenlos mit fäkalem Wortwitz „verappelt“


– Zuschauer wurden mit Lachtränen gefoltert –

Waldniel (sp). „In was für einem Dreckskaff bin ich denn hier gelandet?“, begrüßte Ingo Appelt das Publikum in der Achim Besgen-Halle. Der Komiker wunderte sich: „Die Show ist ja noch nicht mal ausverkauft. Ihr seid alle erzkatholisch, oder?“ Weit gefehlt! Zumindest, was die Anwesenden betraf, denn diese bewiesen durchaus Humor – alleine schon für diesen respektlosen Frontalangriff erntete Appelt brüllendes Gelächter.

Besser… ist besser!“ ist der Titel seines aktuellen Programms, der ebenso wenig tiefsinnig daher kommt, wie das Gejammer nerviger Zeitgenossen über das Wetter, die Appelt genüsslich parodiert. Er strapaziert die Lachmuskeln des Publikums bis zur Schmerzgrenze und präsentiert sich in böser Bestform: Derb, diffamierend, despektierlich. Aus dem Stand wechselt er vom bösen Besserwisser zum gefühlten Verleumder und typisch deutschen Jammerlappen permanent die Gesichtsausdrücke. Diabolisch grinst er und entblößt pointiert das ewig gleiche Genörgel spießiger Zeitgenossen, lässt immer wieder atemberaubend respektlose Tiraden auf das Publikum herab regnen.

Auch an einigen prominenten Kollegen lässt der Parodist kein gutes Haar: „Angela Merkel muss man auf den Kopf stellen, um zu sehen, dass sie lächelt.“ Ebenso könne ihn Till Schweiger, als nuschelnder Tatortkommissar, nicht beeindrucken und: „Herbert Grönemeyer versteht überhaupt nicht, was ich an ihm komisch finde.“ Hauptthema der dreistündigen Veranstaltung jedoch war der Mann als Dienstleister zum Gefallen der Frau. Dies allerdings völlig unverbindlich: „Kürzlich habe ich in Las Vegas geheiratet. Das kann ich nur empfehlen, denn in Deutschland ist das nicht anerkannt. Da kommst Du nach Hause und bist gleich wieder geschieden.“ Raffiniert: Wenn er die weibliche und die männliche Sexualität in derbe Worte kleidet, auch im Hinblick auf die neuen Medien, weiß der Zuschauer nicht, ob Appelt aus Erfahrung spricht, oder einfach nur glasklar die Bigotterie und Schamlosigkeit seiner spießigen Mitmenschen entlarvt.

Auch Auswüchse zum Thema Flüchtlingspolitik bringt der Kabarettist gnadenlos auf den Punkt. Ebenso bekommt die AfD ihr Fett weg. Unter anderem: „Wir Komiker sind das Gegenteil der AfD: Humor gegen die Angst.“ Die Gefährlichen aber, so sinniert Appelt, „das sind die Mitläufer. „Hasst“ Du was, dann bist Du was.“ Doch Appelt lobt auch: „Ein Hoch auf all die freiwilligen Helfer! Ohne sie wäre es gar nicht möglich, den Flüchtlingen zu helfen.“

Immer wieder gibt Appelt auch den typisch griesgrämigen Deutschen, der am liebsten jammert und nörgelt und führt damit pointiert Sinnfreiheit und deutschen Stumpfsinn vor. Konformen Smalltalk hasst er, bringt dafür die gelangweilten und verlogenen Auswüchse unserer Gesellschaft treffend ordinär auf den Punkt. Wer Appelt kennt, bekommt, was er verdient; denn er weiß, auf was für ein Niveau er sich begibt. Appelt referiert vordergründig ordinär; in Wahrheit jedoch entlarvt er tiefsinnig Missstände und fragwürdige oder eigentümliche Verhaltensweisen. Dabei bringt er gnadenlos ehrlich Abgründe und primitives menschliches Verhalten detailliert auf den ordinären Punkt. 

Kaum zu glauben, dass dieser über alle Maßen unterhaltsame Abend nicht ausverkauft war. Denn drei zum Brüllen komische Stunden, getragen von scharfzüngigem Wortwitz und überbordender Selbstironie, vergingen wie im Flug.

Fazit: Schon lange nicht mehr so gelacht, bis die Gesichtsmuskeln gefühlt gar nicht mehr entspannen wollten.

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Der Deutsche als ewiger Nörgler – Ingo Appelt in einer Paraderolle.

Foto: Susanne Peters

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