Ironische Seitenhiebe und Lachsalven


– Hedwig Sieberichs mit ihrem erstem Solo-Programm –

Oedt (sp). Gut aufgelegt sorgte Hedwig Sieberichs, alias Karnevalistin „Engel Hettwich“, mit ihrem ersten Solo-Programm „Der (Heiligen)Schein trügt“ für einen explodierend spaßigen Abend in der Albert-Mooren-Halle. Mit viel Wortwitz sowie selbst ironischen Seitenhieben auf ihre Figur erzeugte die Waldnieler Wuchtbrumme so eskalierende Lachsalven im Publikum.

Natürlich nahm dabei auch das Essen einen großen Raum ein: „Früher enthielt eine Chipstüte 250 Gramm, jetzt nur noch 175 Gramm – das nenne ich mal Fett reduziert!“ Außerdem habe sie in jüngeren Jahren frisches Gehacktes immer beim Metzger gekauft. „Das war schon auf dem Weg nach Hause im Auto um. Fleisch vom Discounter ist heute eingeschweißt und hält sich acht Wochen.“ Oder es benehme sich irgendwann wie in der alt bekannten Bonduell-Reklame und spaziere selbstständig aus dem Kühlschrank, sinnierte sie. Sieberichs erinnert sich an ihren Anfänge: „In meiner Jugend hatte ich leichtes Übergewicht: Mit acht Jahren habe ich 69 Kilogramm gewogen. Hätte ich doch nie lesen gelernt. Ich habe keine Bücher gelesen, sondern Speisekarten.“

Auch das Publikum band die niederrheinische Frohnatur immer wieder kalauernd mit ein. Spontan schmiss sie einen Schokoriegel in die Zuschauermenge, der neben dem Stuhl eines Gastes landete. „Ist das Ihr Mann“, fragte sie den weiblichen Zuschauer auf dem Nebenplatz, „ist aber nicht gerade ein Schnapper.“ Solche Scherze kamen beim aufmerksamen Publikum sehr gut an, das immer wieder laut lachte und wild applaudierte.

Aber auch einen Überraschungsgast hatte die 52-jährige Karnevalistin dabei – eine Miniaturausgabe des Engel Hettwich als Bauchrednerpuppe. „Was hast du denn so heute gemacht?“, wurde sie spontan von ihrem winzigen Alter Ego gefragt. „Ich war mit meinem Mann auf einem Trödelmarkt“, lautete die Antwort. „Und? Bist du ihn los geworden?“, wollte das karnevalistische Pendant in Miniatur frech wissen, worauf das Publikum in brüllendes Gelächter ausbrach. Denn natürlich bekam auch das „starke Geschlecht“ beim blond gelockten Engel sein Fett weg. „Wenn Männer Stress haben, ziehen die Haare aus und suchen Asyl in Ohren und Nase“, so habe dieser messerscharf beobachtet.

Es gab jedoch auch kritische Seitenhiebe, von Sieberichs, die nach der Pause als Engel Hettwich wie ein Wirbelsturm über die Bühne flog. So philosophierte sie über die skurrilen Auswüchse unseres modernen Zeitgeistes: „Ich bin noch ganz privat zu Hause auf dem Sofa geboren, mit Blick auf das klassische Bild vom röhrenden Hirsch. Heute jedoch postet der werdende Vater den Status des geöffneten Muttermundes auf facebook.“ Überhaupt sei jeder ständig und allerorts Online, überlegte der rubenshaft anmutende Posaunenengel. „Es gibt mittlerweile in Deutschland mehr Smartphones als Zahnbürsten. Und bei den Smartphones kann man sich sicher sein, dass sie benutzt werden. Sechsjährige können sich noch nicht den Poppes abwischen. Aber auf dem Smartphone wischen, das können sie.“ Auch die 13-jährige Samira sei von Justin-Dustin schwanger geworden, weil sie anstelle einer Verhütungsapp eine Befruchtungs-App herunter geladen habe, so zog die Karnevalistin aktuelle Doku-Formate aus dem Fernsehen durch den Kakao. „Der Arzt hat ihr zur Schwangerschaft gratuliert, woraufhin Samira antwortete: Das weiß ich aber noch nicht, ob das Kind von mir ist.“

Am Ende gab es nicht nur viel Applaus für den Waldnieler Engel, sondern auch Standing Ovations von einem Publikum, das sich nachhaltig erheitertet auf den Heimweg machte.

Text und Fotos: Susanne Peters

 

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