Im Gespräch mit dem Stadtprinzenpaar


– Sabine I. (Houben) und Frank II. (Nickus) stellen sich in Interview mit Nettetal aktuell vor. –

Wo liegen eure karnevalistischen Wurzeln?

Sabine I. Ich war schon in den Siebzigern, als Vierjährige, im Kinderkarneval in der Breyeller Nachbarschaftsgemeinschaft Ritzbruch aktiv. Bekannt war ich als das „Ventilche“ aus dem Auftritt der Familie „Schlauch“. Ich wurde noch viele Jahre lang von den Älteren gewohnheitsmäßig so genannt. Da hieß es dann: „Ah, da kommt et Ventilche!“ Als Sechsjährige war ich Kinderprinzessin und später dann Tanzmariechen, habe Büttenreden gehalten und war schließlich erste Sitzungspräsidentin in Nettetal, was eher ungewöhnlich ist, da es sich im Karneval hauptsächlich um Männerdomänen handelt. So war mit 16 erstmal Schluss, heute bin ich Mitglied der Fidele Heide.

Frank II. Ich hatte den ersten intensiven Kontakt mit dem Karneval im Alter von 14 Jahren. Damals habe ich mit Freunden einen kleinen Wagen gebaut, und wir sind das erste Mal als loser Freundeskreis mitgezogen. Später bin ich in den Verein eingetreten, und mittlerweile bin ich 20 Jahre Mitglied im Karnevalskomitee. Es ist in der Tat eine Herrenriege: Die Komitees organisieren grundsätzlich Zug und Veranstaltungen, die Vereine nehmen heute aber auch Frauen auf.

Wie habt ihr euch kennen und lieben gelernt?

Sabine I. Wir sind seit 20 Jahren ein Paar und seit 18 Jahren verheiratet. Kennen gelernt haben wir uns über das Handwerk. Frank ist Fachmann für Sanitär, Heizung und Bäder. Ich hatte gerade als Architektin fertig studiert, da wurde ich über die damalige Nettetaler Handwerkervereinigung, das war ein loser Verbund aller handwerklichen Gewerke, als Planerin ins Boot geholt. Dort haben wir uns kennen gelernt. Nach circa einem halben Jahr waren wir ein Paar.

Wie hat sich eure „Karriere im Karneval“ dann fortgesetzt?

Frank II. Ich wurde gefragt, ob ich gerne Mitglied im Lobbericher Karnevalskomitee werden wolle. Das lief ganz ordentlich ab, ich führte quasi ein Vorstellungsgespräch mit Vorstand und Präsident. Dort wurde meine Affinität zum Karneval erstmal auf Herz und Nieren geprüft. Es muss ja auch passen.

Sabine I. Ich wollte das natürlich gerne unterstützen, war als Frau allerdings nur schmückendes Beiwerk. Dann kam eine der Veranstaltungen, „Kum lass mer fiere“, da muss unser Sohn Leonard circa sechs Jahre alt gewesen sein. Dort wurde ein Platz auf dem Karnevalswagen im Zug verlost. Ich habe gewonnen und war auf dem Wagen des Damenelferrats der Fidelen Heide. Als ich am Ende noch Wurfmaterial über hatte, habe ich gescherzt: „Das hebe ich mir für nächstes Jahr auf, dann fahre ich wieder mit!“ Ich bin dann ebenfalls in die Karnevalsgesellschaft eingetreten.

Was schätzt ihr beide als Lebenspartner besonders aneinander?

Frank II. Wir sprechen über alles, können uns zu 100 Prozent auf einander verlassen und gehen sehr wertschätzend und ehrlich miteinander um. Außerdem sind wir beide Arbeitstiere harmonieren auch in dieser Art und ergänzen uns prima.

Sabine I. Wir befinden uns auf absoluter Augenhöhe. Es gibt keine Rollenverteilung, jeder macht alles – auch im Haushalt. Neben dem vertrauensvollen Miteinander schätze ich auch die Gleichberechtigung in der Beziehung.

Wie habt ihr euch auf die Session vorbereitet?

Sabine I. Der Umgang auf Augenhöhe betrifft ebenso den Karneval: Bei den Veranstaltungen sprechen wir beide quasi auf einander abgestimmt im Duett. In den vergangenen Jahren haben wir auch viele Veranstaltungen der übrigen Nettetaler Karnevalsvereine und Komitees besucht. Deshalb sind wir bestens partnerschaftlich auf unsere Auftritte und die Veranstaltungen mit ihren unterschiedlichen, persönlichen Karnevalsgesellschaften vorbereitet.

Frank II. Dazu gehört auch zu wissen, ob Jubilare oder Geburtstage dabei sind, welche eigentümliche Atmosphäre bei Veranstaltungen vorherrscht und welche lokalen Themen es gibt. Wir haben aber auch die Feierlichkeiten, zum 200-jährigen Bestehen des organisierten Kölner Karnevals besucht und uns so kulturell und historisch in der Tiefe weiter gebildet.  Das war sehr spannend, und es gab eine Menge zu lernen; zum Beispiel: Wo kommt der Karneval ursächlich her? Was bedeuten die unterschiedlichen Farben? Und noch vieles mehr. Ich finde das sehr interessant: je weiter man in die Materie eindringt, umso mehr Fragen gibt es – und zu entdecken. Auf unsere Amtsperiode haben wir uns aber auch körperlich vorbereitet. Wir haben für uns ein eigenes Bühnentraining absolviert und unsere Koordination durch Walken und Zirkeltraining unterstützt. 

Was waren eure schönsten Kostüme?

Frank II Mein schönstes Kostüm war ein historisches aus der Jahrhundertwende, mit einem längeren Frack und einem Zylinder. Wir fahren unter Umständen weit, um uns Kostüme auszusuchen, haben aber auch schon mal welche nebenbei, zum Beispiel in Venedig, im Urlaub gekauft.

Sabine I. Ich hatte mal ein Kostüm als Candy – jedes Bonbon und jede Praline an dem Kostüm waren selbst gebastelt: quietschbunt und rosarot. Das hat mir sehr gut gefallen!

Und euer Nachwuchs ist bereits in den Karneval hineingeboren?

Sabine I. So ist es! Leonard ist heute 16 und war gerade eine Woche alt und direkt beim Hoppeditzerwachen im Kinderwagen dabei. Heute ist er selbst Hoppeditz von Nettetal und Sitzungspräsident von KiKaLo.

Du bist natürlich auch mit vollem Herzen bei der Sache?

Leonard Houben: Na klar, bei allem! Wir sind seit fast einem Jahr mit dem Wagenbau beschäftigt. Den haben wir im Trio entworfen. Erst haben wir ein Modell gebaut, das haben wir dann im Komitee vorgestellt. Ursprünglich handelte es sich um einen Lkw; bis auf Gestell, Räder und Deichsel wurde alles abgesägt. Rund 800 Arbeitsstunden stecken bereits drin, und der Wagen ist noch nicht fertig.

Was jetzt noch fehlt, ist eine Schmunzel- Anekdote für unsere Leser. Da gibt es doch bestimmt Einige?

Sabine I. Es gab erstmalig im Oktober, vor unseren Auftritten, den Uniformappell des Karnevalskomitee. Die Kostüme werden kontrolliert; dazu hat sich eine Damengruppe, die „Schmuckstückchen“, gebildet, deren Begleitung ich mir gewünscht habe. Es war ein wunderbarerer Abend: Es wurden Kleinigkeiten korrigiert, wie fehlende Knöpfe oder eine Feder, die falsch herum war, sowie fehlende oder deplatzierte Accessoires. Bei Inkorrektness folgen Strafen.

Frank II. Das ist natürlich Spaß! Der eigentliche Sinn und Anlass ist hier, die Menschen bereits vor der Session stimmungsvoll zusammen zu bringen. Da haben wir auch schon gemerkt, dass die Grundstimmung super ist, alle hatten Spaß und trugen ihre so genannten Strafen mit Fassung.

Sabine I. So haben wir nun zum Beispiel zwei Fahrer für den Wagen im Zug, die die ursprünglichen Fahrer ersetzen und deshalb natürlich werden alkoholfrei bleiben müssen. Eine weitere Idee für die „Verstöße“ war dann, dass die Betreffenden für uns einen Weihnachtsbaum und Schmuck dazu besorgen sollten.

Frank II. Das war eigentlich nur ein Scherz; aber ein Mann, ein Wort. 14 Tage vor Weihnachten klingelte es, und die „Delinquenten“ standen mit einem großen Weihnachtsbaum und eigens für uns als Prinzenpaar hergestelltem karnevalistischen Schmuck vor der Tür; unter anderem mit unserem Orden und Konterfei als Baumbehang. Darüber haben wir uns natürlich sehr gefreut, und das werden wir sicher nie vergessen!

Sabine I. Genau! Ich fand das sehr ergreifend; da erkennt man erst recht, dass man die richtigen Leute an seiner Seite hat, die, das was ihnen am Herzen liegt, auch durch verbindliche Taten mittragen. Diese Aktion steht sinnbildlich für alles in unserer Session: Auch wenn wir selbst an vorderster Front stehen, ohne Hilfe wäre das alles nicht möglich gewesen!

Das Interview führte Susanne Jansen (Medienagentur Niederrhein).

Fotos: Karin Poltoracyk

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